Wechseljahre - bin ich anders? Handschlag geben!

Grußlos glücklich

Erinnern Sie sich noch an ein Begrüßungsritual aus alten Zeiten – den Handschlag?

Dann gehören Sie wahrscheinlich einer Generation an, deren Eltern noch Wert auf Höflichkeit und gute Manieren legte. Damals brachte meine Mutter mir noch bei, dass man einander zur Begrüßung die Hand reicht. Nicht zu schlaff und nicht zu stark sollte der Händedruck sein, und bitte „das schöne Händchen“, also die rechte Hand!

Diese Zeiten scheinen vorbei zu sein, denn immer öfter gerate ich in Situationen seltsamer Begrüßungsverwirrung.

Erst kürzlich streckte ich bei einem Event jemandem, den ich bisher noch nicht persönlich kannte, die ausgestreckte Hand zum Gruß entgegen. Dort schwebte sie dann wie verloren und nicht abgeholt, denn derjenige, den ich per Handschlag zu grüßen gedachte, dachte gar nicht daran, mir die Hand zu schütteln. Er sah mich nur missbilligend an, meine Hand schwebte wie im luftleeren Raum, und so blieb mir nichts anderes übrig, als die Begrüßungsgeste in ein verlegenes „Haare aus dem Gesicht streichen“ abzuwandeln. Schließlich winkte ich einem imaginären Bekannten am anderen Ende des Raumes zu, um ganz schnell der peinlichen Situation zu entfliehen.

Das andere Extrem begegnet mir inzwischen auch immer häufiger: Wildfremde Menschen, die direkt zum „Bussi-Bussi“, Küsschen links, Küsschen rechts Angriff übergehen. Oder auch Küsschen rechts, Küsschen links, scheinbar weiß man nicht so genau, wie herum das jetzt eigentlich üblich ist, und wenn man dabei nicht aufpasst, kommt es auch noch zu einem ungewollten Nasenstüber. Hilfe!

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich mag es, umarmt zu werden, und ich begrüße meine Freunde, oder Menschen, die ich sehr mag, auch mit einer Umarmung. Aber ich drücke doch nicht wildfremde Menschen an meine Brust! Ich möchte mir bitte schön aussuchen, wen ich so nahe an mich heranlasse.

Aber wie kann so etwas sein? Wann sind uns die ganz „normalen“ Begrüßungsrituale abhanden gekommen?

Von Getto-Faust, Shaka-Gruß und Nasenstupsern

Selbst Kinder scheinen die Begrüßung per Handschlag kaum noch zu kennen. Ich bin inzwischen daran gewöhnt, dass ich von den Schulfreunden des Sohnes nicht mit „Frau Müller“, sondern mit dem Vornamen angesprochen werde, und inzwischen habe ich ein beachtliches Repertoire an jugendlichen Begrüßungsformen in petto.

Ich kann die Getto-Faust, bei der sich die einander entgegengestreckten Fäuste der Begrüßenden berühren, und die durch Ex-Präsident Obama gesellschaftsfähig wurde. Man muss dabei nicht mehr wie ein Gangster-Rapper um brennende Mülltonnen herumstehen.

Außerdem beherrsche ich den Shaka-Gruß, bei dem einem die geschlossene Faust mit ausgestrecktem kleinen Finger und Daumen entgegen geschüttelt wird, und die eigentlich ein Begrüßungsritual unter Surfern ist. Also die auf dem Wasser, nicht die im Internet.

Gegenüber Pubertierenden hebe ich zur Begrüßung inzwischen nur noch lässig die Hand, begleitet von einem gelangweilten „Hi“, und Handkusskavalieren alter Schule, die schmatzend die halbe Hand der zu begrüßenden Dame befeuchten, entziehe ich schnell meine Hand, um Schlimmeres zu vermeiden – schließlich hat man nicht immer Desinfektionstüchlein in der Tasche.

Vielleicht sollte ich das ganze Begrüßungsspektakel auch einfach etwas lockerer sehen und mein Gegenüber mit eigenen Begrüßungsvarianten überraschen. Vielleicht reibe ich bei der nächsten Begrüßung einfach meine Nase an der des anderen, wie es bei den Eskimos üblich ist, oder ich strecke meinem Gegenüber einfach mal die Zunge heraus, wie es noch heute in einigen Gegenden Tibets zur Begrüßung Brauch ist. Die heraus getreckte Zunge kennt man hierzulande schließlich schon als Simhasana aus dem Yoga. Und dann tue ich ganz pikiert, wenn mein Gegenüber befremdlich guckt. Ich kann schließlich nicht dafür, wenn alle anderen begrüßungstechnisch nicht auf dem neuesten Stand sind.

In diesem Sinne: Namaste!

Valérie

Valerie Müller ist Ü-40 Bloggerin, PR-Beraterin, begeisterte späte Mutter und die Herausgeberin und Autorin von Life40up!
life40up.de

3 Kommentare zu: »Grußlos glücklich«

  1. Hallo, stimmt nicht ganz. In den neuen Bundesländern lernen die Kinder immer noch zur Begrüßung die Hand zu geben.
    Im Büro ist es seltener geworden, aber noch nicht ausgestorben.

  2. Liebe Antje,

    du hast natürlich Recht: Es gibt es immer noch Eltern, die ihren Kindern den traditionellen Handschlag zur Begrüßung beibringen – und das nicht nur in den neuen Bundesländern. Dennoch weicht er nach und nach alternativen Begrüßungsformen, die eben auch mal kurios ausfallen können. Aber schön, dass er noch nicht ganz ausgestorben ist. 🙂

    LG
    Valérie von Life40up!

  3. Ich bezeichne das ewige Händeschütteln als deutsche Unsitte. Bei der ersten Begrüßung durchaus vertretbar, danach muss es für mich persönlich nicht sein. Man kann sich auch anders höflich und respektvoll begrüßen. Für mich ein absoluter Horror: Mein Gegenüber hat sich vor der Begrüßung in die Hand gehustet. Erlebe ich leider immer wieder bei meinem 85 jährigen Schwiegervater. Noch schlimmer finde ich diese Küßchen Küßchen Begrüßungen.

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