Dass Frauen heute in der Regel später Mütter werden als früher, ist keine Seltenheit. So viele unterschiedliche Lebenswege wie es gibt, so unterschiedlich können auch die Gründe dafür sein.
Längere Schul- und Ausbildungszeiten, Karriere, der Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit, kein passender Partner usw.
All das kann dazu beitragen, dass es erst spät zu einer Mutterschaft kommt.
Viele Frauen sehen das oft gar nicht als Problem – und das muss es natürlich auch nicht sein oder werden, aber die Chancen auf natürlichem Weg schwanger zu werden vermindern sich mit steigendem Alter schon deutlich. Prominente Beispiele scheinen dennoch zu zeigen, dass heutzutage auch die Wechseljahre keine natürliche Grenze mehr für das Ende der Fruchtbarkeit sind.
Das allerdings ist trügerisch, denn in den Wechseljahren ganz natürlich schwanger zu werden ist und bleibt eine Seltenheit und grenzt auch heute noch fast an ein Wunder. Ganz einfach, weil die körperlichen Voraussetzungen andere sind als beispielsweise mit Mitte 20.
Natürlich gibt es Lebenswege, die vielleicht auch durch Schicksalsschläge, aufgrund gesundheitlicher Aspekte oder anderer Umstände eine erste (oder erneute) Schwangerschaft erst spät ermöglichen, dann aber bleibt häufig nur der Weg einer künstlichen Befruchtung.
Frauen, die schon in jungen Jahren absehbar erst sehr spät Kinder planen, haben die Möglichkeit, Eizellen einfrieren zu lassen, um sie später, wenn es soweit ist, für eine künstliche Befruchtung zu nutzen.
Aber weder lässt sich das eigene Leben so genau planen bzw. denken die meisten Frauen bereits zu gegebener Zeit daran, dass es sinnvoll sein könnte für den Fall der Fälle diese „Vorkehrung“ zu treffen, noch verfügen die meisten zu diesem eher frühen Zeitpunkt bereits über die nötigen finanziellen Mittel, die man für das Einfrieren von Eizellen benötigt.
Schwanger werden in den Wechseljahren mit Hilfe der Reproduktionsmedizin
Für viele Frauen ist die Option einer künstlichen Befruchtung ein Segen – und das in allen Altersklassen. Denn wann immer und aus welchen Gründen auch immer eine Frau auf natürlichem Weg nicht schwanger werden kann, können etliche davon mithilfe der modernen Reproduktionsmedizin ihren Kinderwunsch trotzdem erfüllen. Es ist aber eben nicht nur ein Segen, denn für Frauen geht der Prozess einer künstlichen Befruchtung nicht nur mit körperlichen, sondern vor allem auch großen seelischen Belastungen einher.
Klappt es am Ende, sind es diese Strapazen allemal wert, wird jede Mutter bescheinigen, aber leider ist der z.T. jahrelange Weg eben nicht immer erfolgreich.
Insbesondere für Frauen, die bereits in den Wechseljahren sind, liegen grundsätzlich altersbedingt erschwerte Bedingungen vor. Wenn man sich klar macht, dass Frauen ab 35 Jahren, die ihr erstes Kind erwarten, beziehungsweise Frauen ab 40, die bereits eines oder mehrere haben, medizinisch und rein statistisch als „Risikoschwangere“ gelten, wundert das nicht.
Was aber bedeutet „Risikoschwangerschaft“ und welche Risiken bestehen?
Aufgrund des fortgeschrittenen Alters zeigen Statistiken, dass sich beispielsweise die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass:
- Chromosomenstörungen beim Kind (zum Beispiel Trisomie 21),
- Fehlgeburten, Mehrlinge, Myome,
- Fehllage der Plazenta,
- vorzeitige Plazentaablösung,
- Bluthochdruck bzw. Präeklampsie (Bluthochdruck und vermehrte Eiweißausscheidung im Urin)
- oder auch Schwangerschaftsdiabetes mit Makrosomie (ungeborenes Kind wächst übermäßig stark), ein verlängerter Geburtsverlauf oder auch Blutungen während oder nach der Geburt auftreten können.
Zudem nimmt mit steigendem Alter die Häufigkeit bestimmter Krankheiten bei der Mutter zu, die beispielsweise die Nieren, das Herz und Gefäße oder den Stoffwechsel betreffen, was ebenfalls negative Auswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf haben kann.
Hinzu kommt, dass die Anzahl der noch vorhandenen Eizellen altersbedingt relativ gering ist und möglicherweise auch deren Qualität die Chancen auf eine Schwangerschaft zusätzlich senken kann. Zugegeben, das klingt erstmal nicht sehr ermutigend und all das muss – wie viele glücklich und komplikationslos verlaufende, erfolgreiche künstliche Befruchtungen oder auch natürliche Schwangerschaften in den Wechseljahren zeigen – nicht passieren, aber wissen sollte es jede Frau, wenn sie einen späten Kinderwunsch hat.
Schwangerschaft in den Wechseljahren – Voraussetzungen und Risiken
Optimale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Schwangerschaft im Klimakterium sind natürlich eine möglichst gute körperliche Verfassung (für die Frau selbst mit entsprechender Ernährung und sportlichen Aktivitäten sorgen kann) sowie eine ausreichende, noch vorhandene Anzahl an gesunden Eizellen.
Nicht immer ist das der Fall, denn da eine Frau mit allen ihr zur Verfügung stehenden Eizellen bereits geboren wird und deren Anzahl mit jedem Zyklus abnimmt, stehen beim Eintritt in die Wechseljahre zumeist nur noch wenige Eizellen zur Verfügung. Aufgrund ihres Alters ist ein Teil davon häufig auch in keinem optimalen Zustand, was eine Befruchtung zusätzlich erschwert. Eizellen, die z.B. einen Defekt haben, werden häufig gar nicht befruchtet und selbstverständlich für eine künstliche Befruchtung gar nicht erst in Frage kommen.
Das bedeutet gleichzeitig: Verfügt eine Frau über keine intakten eigenen Eizellen, besteht – zumindest in Deutschland – auch keine Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung mehr.
Denn anders als in vielen anderen europäischen Ländern, ist eine Eizellspende – im Gegensatz zu einer Samenspende – in Deutschland verboten. Neben der Voraussetzungen, die bei der Frau selbst gegeben sein müssen, müssen auch die Samen des beteiligten Mannes in gutem Zustand sein.
Das heißt, sowohl Anzahl, Qualität und Beweglichkeit müssen ebenfalls den Anforderungen genügen. Zur Einschätzung hierüber wird ein sogenanntes Spermiogramm des potentiellen Vaters erstellt.
Wie bereits erwähnt besteht in dem Fall, dass das Spermiogramm negativ ausfällt noch die Möglichkeit, sich für eine Samenspende zu entscheiden. Sämtliche vorgenannten Untersuchungen und Vorabklärungen im Hinblick auf eine künstliche Befruchtung erfolgen in der Regel in einer Kinderwunschklinik, von denen es aktuell ca. 140 in ganz Deutschland gibt. Hier sollten sich Paare vorab genau informieren und Infoabende (die fast alle Kliniken anbieten) sowie Erstgespräche nutzen, um die für sie passende Klinik auszuwählen.
Da einige, auch regelmäßige ambulante Untersuchungen und Überwachungen während des Prozesses der künstlichen Befruchtung erfolgen, ist es natürlich optimal, wenn sich die Klinik nicht allzu weit vom Wohnsitz entfernt befindet.
Der Weg einer künstlichen Befruchtung in den Wechseljahren
Sind alle Voraussetzungen für eine künstliche Befruchtung erfüllt, stellt sich noch die Frage der Kosten. Auch über diese sollten sich Paare im Vorfeld genau informieren, denn je nachdem, wie viele Versuche unternommen werden sollen oder müssen, kommt da schon so einiges zusammen.
Wichtig zu wissen ist aber, dass viele Krankenkassen 3 gesetzlich unterstützte Versuche mitfinanzieren. Hierfür ist es nötig, ähnlich wie bei Zahnbehandlungen, die Zusage im Vorfeld von der Krankenkasse einzuholen. Die eigentliche Behandlung beginnt in der Regel damit, dass die Frau entsprechend ihres Hormonstatus sich genau bemessene Hormonmengen selbst über einen längeren Zeitraum spritzen muss. Damit soll erreicht werden, dass statt nur einer, mehrere Eizellen für eine spätere Entnahme heranreifen. In dieser Phase erfolgen regelmäßige Termine in der Kinderwunschklinik, um den Erfolg des Prozesses zu bewerten.
Mit diesem ersten Schritt der Behandlung beginnt dann nicht nur die meist sehr emotionale Achterbahnfahrt der Gefühle zwischen Hoffen und Bangen, sondern auch körperliche Beschwerden können auftreten. Im Zuge der Hormontherapie sind Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel, Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Stimmungsschwankungen, Müdigkeit und Antriebsschwäche keine Seltenheit. Nichts also, was Frau in den Wechseljahren nicht vielleicht ohnehin schon kennengelernt hat, dennoch aber unangenehm.
Die Hormontherapie ist nur dann erfolgreich, wenn ausreichend Eizellen herangereift sind, die entnommen werden können. Ist das nicht der Fall, müssen weiter Hormone gegeben werden. Bereits hier liegen Glück und Enttäuschung eng beieinander und das wird bei jedem einzelnen Schritt der Behandlung so bleiben.
Es lässt sich denken, dass nach jedem erfolglosen Schritt – und insbesondere je weiter die Behandlung fortgeschritten ist–, die Enttäuschung oder gar Trauer, wenn etwas nicht klappt, größer werden kann. Über diese möglichen emotionalen Belastungen sollten sich Paare unbedingt bewusst sein, wenn sie eine künstliche Befruchtung beginnen und ggf. schon im Vorfeld für sich entscheiden, wie viele Versuche bzw. Anläufe sie unternehmen wollen.
Vor dem erfolgreichen Abschluss einer künstlichen Befruchtung stehen einige Hürden
Wenn ausreichend gesunde Eizellen gereift sind, erfolgt deren Entnahme in der Klinik unter Narkose. So bekommt die Frau vom eigentlichen vaginalen Eingriff nichts mit und kann anschließend zumeist auch schmerzfrei wieder nach Hause.
Am selbem Tag gibt parallel auch der potentielle Vater sein Sperma direkt in der Klinik ab , sodass die Befruchtung von Eizellen und Samen direkt im Labor erfolgen kann. Hierfür stehen 2 Methoden zur Verfügung: Bei einer IVF (In-vitro-Fertilisation) findet die Befruchtung – ebenso wie bei der ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektio) – im Reagenzglas statt, doch verschmelzen Ei- und Samenzelle dort aus eigenen Kräften.
Wenn Quantität oder auch Beweglichkeit der Spermien des Mannes nicht ausreichen, kann die ICSI angewendet werden, die deutlich technologisierter abläuft. Hierbei wählt der Arzt/die Ärztin mithilfe von Mikromanipulatoren eine Samenzelle aus, macht diese unbeweglich und injiziert sie mit einer feinen Pipette direkt in die Eizelle.
Ist eine der beiden Methoden erfolgt, heißt es warten, bis sich das Labor mit der hoffentlich positiven Nachricht meldet, dass mehrere Eizellen erfolgreich befruchtet und eingefroren werden konnten. Dann muss der richtige Zeitpunkt im Zyklus zum Einsetzen der befruchteten Eizelle(n) abgewartet werden. Um diesen festzustellen sind wieder nahezu täglich Besuche der Klinik erforderlich. Wenn dann der optimale Zeitpunkt im Zyklus erreicht ist, wird/werden die aufgetaute(n) Eizelle(n) mittels einer Kanüle eingesetzt.
Viele Paare entscheiden sich, gerade wenn die Frau schon älter ist, gleich zwei Eizellen einsetzten zu lassen
… weil dies die Erfolgschancen – aber natürlich auch die Wahrscheinlichkeit einer Zwillingsschwangerschaft – erhöhen. Etwa 14 Tage nach dem Einsetzen der befruchteten Eizellen, erfolgt eine Blutabnahme in der Klinik. Anhand derer wird der hcg-Wert (der eine Schwangerschaft anzeigt) bestimmt. Ist dieser erhöht, deutet alles darauf hin, dass eine Schwangerschaft vorliegt.
Es gibt Frauen, die das Ergebnis in der Klinik nicht abwarten können oder wollen und selbst vorab Schwangerschaftstests machen. Ob das sinnvoll ist oder nicht, muss natürlich jede Frau bzw. jedes Paar selbst entscheiden. Zu bedenken ist allerdings, dass die angezeigten Ergebnisse nicht 100%ig sicher sein müssen, was zu falschen Hoffnungen oder unnötigen Sorgen führen und damit zusätzlichen emotionalen Stress bedeuten kann.
Bestätigt die Klinik eine Schwangerschaft und kommt es nicht – wie in leider vielen Fällen – zu einem vorzeitigen Abgang, steht nach ca. 4-5 Wochen noch einmal eine Ultraschalluntersuchung in der Klinik an, bei der geschaut wird, ob sich eine, beide oder keine Eizelle wunschgemäß weiterentwickelt hat.
Gibt es positive Erkenntnisse, ist die Arbeit der Kinderwunschklinik beendet und die weitere Schwangerschaft wird – wie jede natürliche auch – im weiteren Verlauf durch den Gynäkologen/die Gynäkologin begleitet.
Künstliche Befruchtung in den Wechseljahren – sinnvoll oder nicht?
Diese Frage lässt sich natürlich nicht generell beantworten. Besteht ein unerfüllter Kinderwunsch und passen die Voraussetzungen, ist künstliche Befruchtung selbstverständlich ein legitimes Mittel, auch in den Wechseljahren noch Mutter zu werden.
Paare und Frauen sollten sich aber bereits im Vorfeld u.a. damit auseinandersetzen, dass älteren Müttern oft eine gewisse Skepsis entgegengebracht wird und es Reaktionen wie „Wenn dein Kind 10 ist, bist du schon 60….willst du das wirklich?“ oder „Vielleicht lebst du gar nicht lang genug, um dein Kind bis ins Erwachsenenalter zu begleiten – ist das nicht verantwortungslos?“ geben kann.
Nicht von der Hand zu weisen sind natürlich auch die erhöhten Risiken, die eine Schwangerschaft in fortgeschrittenem Alter für Mutter und Kind bedeuten können.
Genauso wichtig ist es aber auch, die positiven Aspekte einer späten Mutterschaft nicht aus den Augen zu verlieren. In einer späten Schwangerschaft können nämlich durchaus auch Vorteile liegen: Denn mit etwas mehr Lebenserfahrung können Frauen häufig nicht nur gelassener und entspannter mit neuen Herausforderungen umgehen. Ältere, werdende Mütter haben oft auch ein größeres Gesundheitsbewusstsein, stehen in der Regel schon mit „beiden Beinen“ im Leben und sind zudem auch finanziell abgesichert.
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