Infekte in den Wechseljahren – Teil 1

Machen die Wechseljahre anfälliger für Infekte?

Die vielen unangenehmen Begleiterscheinungen der Wechseljahre kennt fast jede Frau. Die einen stärker, die anderen weniger betroffen von typischen Symptomen der Wechseljahre (z.B. Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen, nervöse Unruhe, Stimmungsschwankungen usw.), sind sie zumindest aber bei allen Frauen in den Köpfen, wenn das Klimakterium Thema wird.
Dieser neue Lebensabschnitt bereitet manchen daher Unbehagen, denn der weibliche Körper verändert sich und steht in dieser Zeit des Wechsels vor vielen, bis dahin nicht bekannten, Herausforderungen. Was Frau selbst tun kann und welche Möglichkeiten die Medizin bietet, um die Begleiterscheinungen des Klimakteriums zu lindern, darüber gibt es eine Vielzahl von Informationen und reichlich Tipps und Tricks. Dass aber viele Frauen auch das Gefühl haben, während der Wechseljahre viel häufiger z.B. an einer Erkältung zu leiden, wird eher selten zum Thema. Dabei sind vermehrte Infektionen während der Wechseljahre keine Seltenheit oder gar nur subjektive Empfindung. Im Gegenteil: dass die Hormonumstellung im Wechsel eine höhere Infektanfälligkeit mit sich bringt – oder zumindest bringen kann – gilt als erwiesen.

 

Welche Abwehrkräfte schützen uns?

Unser Immunsystem hält Eindringlinge und Fremdstoffe wie beispielsweise Erkältungsviren, Bakterien oder Pilze durch unterschiedliche Abwehrmechanismen in Schach. Die erste Barriere bilden unsere Haut und unsere Schleimhäute in Nase, Rachen und Vagina. Dies sind die Stellen, an denen die meisten Erreger auf unseren Körper treffen. Aber auch die Schleimhäute in unserem Darm sind wichtiges Instrument unseres Immunsystems und selbstverständlich warten weitere „Kämpfer“ auf Fremdkörper, die es schaffen sollten, die ersten Barrieren zu überwinden. Die Magensäure beispielsweise tötet Keime ab, die über die Nahrung in den Körper gelangen. Nicht immer aber gelingt es, hier die Erreger unschädlich zu machen. Dann treten die nächsten körpereigenen Abwehrstufen in Aktion: Der Darm (als bedeutender Teil des Immunsystems), die in unserem Blut befindlichen Fresszellen sowie spezielle Eiweiße. Diese werden von Botenstoffen an die Stelle gelockt, wo sie gebraucht werden, und können dort ihre Arbeit verrichten. Zudem bildet das Knochenmark zusätzlich bestimmte weiße Blutkörperchen, die in der Lage sind, genau passende Abwehrstoffe gegen viele Erreger zu bilden und diese auszuschalten. Denn wurde der eingedrungene Erreger schon einmal bei einer vorherigen Infektion erfolgreich bekämpft, werden die hierbei gesammelten Informationen gespeichert und man kann davon ausgehen, dass die Blutkörperchen dann wissen, wie sie ihn ausschalten können und welche Antikörper dafür gebildet werden müssen. Ist das Immunsystem intakt, können Erreger so schnell erkannt und effektiv bekämpft werden.

 

Häufige Infekte in den Wechseljahren – wie kommt das?

Tatsächlich kann es während der Wechseljahre öfter zu infektiösen Erkrankungen kommen, als vor Beginn des Klimakteriums. Und es ist durchaus denkbar, dass einige Frauen ein ähnliches Phänomen schon während der fruchtbaren Jahre – je nach Stadium ihres Zyklus – beobachtet und einen Unterschied ihrer Anfälligkeit für beispielsweise leichte Erkrankungen wie Erkältungen bemerkt haben. Die Erklärung hierfür liegt in den Hormonen, denn Hormone haben eine Vielzahl von Aufgaben im menschlichen Körper. Sie dienen u.a. auch als Botenstoffe, die an der Regulierung des Immunsystems beteiligt sind. Besonders das Östrogen interagiert mit den Immunzellen. In der fruchtbaren Lebensphase sind die Östrogenwerte in der ersten Zyklushälfte hoch, was das Immunsystem stärkt. Die Evolution hat es also genau so eingerichtet, dass sich der weibliche Körper effektiv vor Eindringlingen schützen kann und gesund bleibt, solange die Möglichkeit einer Schwangerschaft besteht. Gegen Ende des Zyklus sinken die Östrogen- und Progesteronwerte hingegen wieder, sodass Frauen kurz vor der Menstruation häufig etwas anfälliger für Infekte aller Art werden.

Mit dem Beginn der Wechseljahre geht die fruchtbare Zeit dem Ende zu und der Hormonhaushalt ändert sich stetig. Besonders aber in der ersten Phase des Klimakteriums schwanken die Sexualhormone deutlich und der Körper bildet vor allem weniger Östrogen und Progesteron. Frauen in der Menopause sind biologisch betrachtet eben einfach nicht mehr dazu bestimmt, schwanger zu werden, und so lässt auch die Funktion der Eierstöcke mit der abnehmenden Hormonproduktion nach. Entsprechend des Zusammenhangs zwischen Hormonen und Immunsystem ist damit auch die körpereigene Abwehr dauerhaft angeschlagen und es kann in den Wechseljahren häufiger zu Infekten, Hautreizungen oder Magen-Darm-Beschwerden kommen. Diese Auswirkungen sind nicht nur unangenehm, sondern auch eine Belastungsprobe für den Körper. Denn bröckeln die natürlichen Schutzbarrieren, die uns vor Keimen und Entzündungen schützen sollen, kann die gesamte Abwehr nur noch eingeschränkt wahrgenommen werden.

 

Wie hängen Hormone und Immunabwehr zusammen?

Östrogen und Progesteron haben nicht nur entzündungshemmende Eigenschaften, sondern sind auch in anderen Bereichen wichtiger Bestandteil eines intakten Immunsystems: Progesteron kann die Produktion von T-Zellen (sogenannte Lymphozyten) erhöhen, deren Aufgabe es ist, körperfremde Strukturen wie Viren und Bakterien zu erkennen und zu bekämpfen. Zudem bilden sie das sogenannte immunologische Gedächtnis, das bereits durch eine zurückliegende Infektion bekannte Erreger, die erneut in den Körper eindringen, identifiziert, die Immunabwehr entsprechend aktiviert und direkt auf die Eindringlinge reagieren kann.

Östrogen erhöht die Produktion von Antikörpern, die Infekte bekämpfen, indem sie diese angreifen. Gleichzeitig hemmt Östrogen die Produktion von entzündungsfördernden Zytokinen (Botenstoffe, die bestimmte Abwehrzellen aktivieren können). Die Aktivität der natürlichen Killerzellen, die für die Bekämpfung von Viren und Krebszellen zuständig sind, wird gleichzeitig erhöht. DHEA (ein Steroid, das in den Nebennieren hergestellt und in Sexualhormone – Östrogene und Androgene – umgewandelt wird) steigert ebenfalls die Produktion von T- und B-Zellen, die beide das immunologische Gedächtnis stärken und den Erregern den Kampf ansagen.
Sinkt die Hormonproduktion in den Wechseljahren, kommt es zu einem Ungleichgewicht des empfindlichen Immunsystems, denn umso weniger Hormone vorhanden sind, desto weniger Abwehrzellen und Antikörper kann der Körper produzieren. Beim Eindringen von Erregern fehlen dann die starken Abwehrkräfte und gleichzeitig die entzündungshemmenden Eigenschaften der Hormone. So können sich Infekte hartnäckiger festsetzen und Erkrankungen z.T. schwerwiegendere Verläufe nehmen.

 

Wechseljahre als Herausforderung für das Immunsystem

Eine besondere Auswirkung der Wechseljahre und die abnehmende Hormonproduktion sind die trockener werdenden Schleimhäute. Da ihnen sowohl in Nase und Rachen, aber auch im Intimbereich und dem Darm entscheidende Bedeutung bei der Infektabwehr zukommt, bedeutet dies eine zusätzliche Schwächung des Immunsystems während des Klimakteriums. Pilze, Bakterien und Viren haben es über trockene Schleimhäute erheblich leichter in den Körper einzudringen, da nur eine ausreichende Befeuchtung der Schleimhäute deren volle Abwehrfunktion sicherstellen kann. Dass der Körper während der Wechseljahre schneller durch Erreger belastet werden kann, bedeutet auch, dass manche Aktivitäten nicht mehr so sorglos durchgeführt werden können, wie vielleicht noch vor Beginn der Wechseljahre. Bei Kontakt mit kranken Personen oder Besuchen von naturgemäß erhöht keimbelasteten Orten wie öffentlichen Toiletten oder Schwimmbädern, wird eine erhöhte Sorgfalt nötig. Wer entsprechendes vorhat, sollte also auf jeden Fall auf ausreichende Vorsichtsmaßnahmen bzw. Hygiene wie beispielsweise Desinfektion der Hände achten oder z.B. Schutzmaske tragen.

 

Welche Infektrisiken in den Wechseljahren sind am häufigsten?

Grundsätzlich führt ein geschwächtes Immunsystem – nicht nur in den Wechseljahren – dazu, dass das Risiko einer Infektion mit Viren, Bakterien, Pilzen etc. steigt. Speziell aufgrund der Hormonschwankungen während der Wechseljahre zeichnen sich allerdings insbesondere im Intimbereich einige Krankheitsbilder ab, die während dieser Zeit typisch sind:

Blasenentzündung

Wenn während des Wechsels das Hormon Östrogen sinkt, wird neben anderer Effekte auch das Vaginal-Gewebe dünner und der pH-Wert der Vaginalflora steigt an. Gleichzeitig nimmt die Anzahl der Laktobazillen und die Milchsäureproduktion ab, was zur Folge hat, dass der Schutz des Vaginalen Mikrobioms vor schädlichen Bakterien sinkt. Es kommt häufiger zu Blasenentzündungen.

Scheideninfektion

Der Grund für die erhöhte Anfälligkeit von Pilzinfektionen in den Wechseljahren ist ebenfalls der sinkende Östrogenspiegel und der damit verbundene steigende pH-Wert der Scheide. Der natürliche saure Schutzwall der Scheidenschleimhaut wird irritiert, Erreger wie Pilze und Bakterien können schneller eindringen bzw. sich leichter vermehren. Eine geringere Durchblutung und mögliche Trockenheit der Schleimhäute im Genitalbereich, die ebenso durch mangelnde Östrogene verursacht ist, macht es den Krankheitserregern zusätzlich leichter, sich auszubreiten. Während Frauen vor der letzten Menstruationsblutung meist von Pilzinfektionen in der Scheide betroffen sind, die sich in der Folge auf die äußeren Geschlechtsorgane, die Vulva, ausbreiten können, ist nach der Menopause in vielen Fällen nur die Vulva betroffen. Die Vulva besteht aus den großen und kleinen Schamlippen, dem Schamhügel, der Klitoris (Kitzler) und dem Scheidenvorhof.

Die Ursache sind – insbesondere in den Wechseljahren – meistens körpereigene Hefepilze, die sich im warmen, feuchten Milieu der Scheide und des Darms wohlfühlen. Eine Besiedlung durch diese Hefepilze alleine ist allerdings keine Erkrankung. Zu einer Infektion kommt es erst, wenn sich – zum Beispiel auch durch eine Schwächung des Immunsystems – die angesiedelten Pilze vermehren können und daraufhin Beschwerden wie Brennen bzw. Wundsein-Gefühl, Juckreiz, verstärkter Ausfluss aus der Scheide, Rötungen oder Schwellungen im Bereich der Vulva ( z.B. vergrößerte Schamlippen), Schmerzen beim Harnlassen oder Probleme beim Geschlechtsverkehr etc. auftreten.

Verdauungs-Probleme und Entzündungen des Magen-Darm-Traktes

Ebenfalls verursacht durch den absinkenden Östrogenspiegel kommt es im Körper zu einer höheren Konzentration des Stresshormons Cortisol. Infolgedessen kann leichter Adrenalin ausgeschüttet werden. Adrenalin fährt zwar viele überlebenswichtige Funktionen hoch, verringert aber die Verdauungsfunktion. Bei der Regulierung der Verdauung spielt das Hormon Östrogen aber noch eine weitere Schlüsselrolle, weil es die Durchblutung des Magen-Darm-Trakts erhöht und eine gesunde Darmflora fördert. Sinkt der Hormonpegel, sind diese wichtigen Funktionen beeinträchtigt. Auch der Progesteronspiegel ist in dieser Zeit nicht mehr so hoch wie zu Zeiten der Menstruation, was zusätzlich zu einer Verlangsamung der Darmtätigkeit führt und die Zeit verlängert, in der die Nahrung verdaut und ausgeschieden wird. Neben einer erhöhten Infektanfälligkeit durch die schlechtere Durchblutung der Darm-Schleimhäute in Kombination mit einem möglicherweise überproportionalen Anstieg der körpereigenen Hefepilze, kann die verminderte Aktivität des Darms zu Blähungen, Völlegefühl oder Übelkeit sowie schmerzhafter Verstopfung führen.

Wie das Immunsystem in den Wechseljahren besonders unterstützt werden kann und welche natürlichen Hilfen es gegen Infekte in den Wechseljahren gibt, finden Sie hier.

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