Tag der Wechseljahre – ein wichtiger Schritt aus der Tabu-Zone?

Es gibt ja mittlerweile für so vieles einen speziellen Tag und tatsächlich auch einen für die Wechseljahre. Mich veranlasst das zu der Frage: ist das denn wirklich nötig? Wenn ich mich in meinem Freundeskreis so umsehe und -höre, würde ich sagen: Nein. Wenn ich aber weiter über den Tellerrand blicke und mir Erhebungen anschaue, dann muss ich wohl leider sagen: Ja.

Ich persönlich finde diese speziell angesetzten Tage für irgendwas eigentlich immer eher bedenklich. Nicht weil es sie gibt, sondern vielmehr weil sie zeigen, wie viele Themen es scheinbar nötig haben, einen eigenen Tag zu bekommen. Weil sie sonst in Vergessenheit geraten, weil mehr Aufklärung nötig ist, weil sie ein Tabuthema in der Gesellschaft sind, weil es Themen sind, die gern verdrängt werden oder die einfach nicht „sexy“ sind. Es gibt viele Gründe, warum es einer Erinnerung bedarf, um ein Thema in das Bewusstsein aller zu rücken.

Bei dem Tag der Wechseljahre am 18. Oktober mögen die meisten denken, dass er ja gar nicht alle, sondern nur Frauen angeht, aber das stimmt nicht so ganz. Die Wechseljahre und ihre Symptome wie Schlafstörungen, Hitzewallungen, Reizbarkeit oder Unausgeglichenheit, Konzentrationsprobleme, Scheidentrockenheit oder sexuelle Unlust, Gelenkschmerzen usw. sind so vielschichtig, dass sie den gesamten Alltag und so auch alle Lebensbereiche beeinflussen können. Und damit wird das Thema Wechseljahre zu einem, das letztlich alle angeht.

Dass es also einen Welt-Menopausen-Tag gibt, scheint da nur folgerichtig. Auch, weil in unserer ach so aufgeklärten und informationsreichen Zeit, viele Frauen selbst tatsächlich noch immer nur wenig über dieWechseljahre im Detail wissen. Ich frage mich: warum ist das so? Meine Antwort darauf: es wird viel zu wenig über die Wechseljahre, ihre Phasen, Symptome, Behandlung und insbesondere die persönlichen Beschwerden gesprochen. Und damit meine ich nicht in großem Stil, sondern im kleinen Kreis wie unter Freundinnen, Kolleginnen, Sportpartnerinnen usw. Noch immer ist das Thema Wechseljahre ein Tabuthema – eben auch und gerade unter Frauen.

Ich selbst habe kein Tabu aus meinen Wechseljahren gemacht – und das kann ich nur jeder Frau raten. Zugegeben hat es auch bei mir etwas gedauert, aber dann war es mir einfach zu anstrengend, neben all der zehrenden Symptome nach Außen auch noch immer so zu tun, als sei ich ausgeschlafen, gut drauf, leistungsfähig wie eh und je, als würden mir scharfe Speisen den Schweiß ins Gesicht treiben usw…
Geht nämlich nicht und macht auch keinen Sinn. Voll berufstätig, wie wohl die meisten in dem Alter, gibt es kein Entrinnen, wenn Hitzewallungen kommen während man in Besprechungen sitzt und auch keine Chance, die erhöhte Reizbarkeit auf Dauer – speziell in stressigen Situationen – zu kontrollieren.

Also habe ich beschlossen, offensiv mit meinen persönlichen Auswirkungen der Wechseljahre
umzugehen und auch den anfänglichen Gedanken, jetzt alt zu sein und sich besser „unauffällig“ zu bewegen, gleich wieder gestrichen. Ich persönlich glaube übrigens, dass auch das ein Grund ist, warum gerade die Frauen selbst die Wechseljahre zum Tabu machen. Das vermeintlich äußere Signal an andere, alt (vielleicht zu alt?) zu sein, damit Schwäche zu zeigen und – insbesondere im Job – als weniger leistungsfähig und reif fürs Abstellgleis abgestempelt zu werden.

Wechseljahre kommen und wollen diese am liebsten auch vor sich selbst verleugnen. Das ist nicht nur traurig, sondern auch falsch und ich wünsche allen Frauen von Herzen, dass sie sich von derartigen Gefühlen schnell befreien können und wieder als das durch die Welt gehen, was sie sind: Tolle Frauen mitten im Leben!

Aber zurück zu meiner offensiven Strategie: ich habe kommuniziert. Mit allen. Meinem Partner, meinen Freundinnen, meinen Kindern, dem Freundeskreis, meinen Kolleg:innen, meinen Mitarbeiter:innen und meinen Vorgesetzen. Nicht alle haben die gleiche Informationstiefe bekommen, – wen wunderts 😉 – aber jedem habe ich mein Verhalten, meine Situation, ggf. wünschenswert nötige Anpassungen usw. erläutert. So wussten alle, die mit mir in Meetings saßen, dass ich nicht plötzlich meine Ader für spanischen Flamenco entdeckt habe, sondern dass mein Fächer mir half, meine „Betriebstemperatur“ nach einer Schwitzattacke wiederzuerlangen. Und sowohl Kollegen, als auch Kinder und Freunde wussten, dass meine „Anraunzer“ nicht gegen sie persönlich gerichtet waren, sondern z.B. Ergebnis einer wiederholt schlaflosen Nacht. Alle waren gebrieft, dass eine eben noch phantastische Laune ganz plötzlich ins genaue Gegenteil umschlagen kann und nahmen meine zum Teil bei Kleinigkeiten doch sehr „zarte Besaitung“ und meine Stimmungsschwankungen nicht ganz so ernst, weil sie um mein Hormonkarussel wussten. An ganz besonders schlechten Tagen habe ich versucht, mich mit einem kurzen „Heute geht gar nix!“ weitestgehend abzuschotten.
Meinen Mann ließ ich natürlich auch über meinen körperlichen Veränderungen und Empfindungen wie im Intimbereich (z.B. Scheidentrockenheit), nicht im Unklaren, was es für uns beide leichter machte und sogar eher frischen Wind in unsere Ehe brachte.

Ich habe übrigens nicht eine negative Reaktion auf meine Offenheit in den Wechseljahren bekommen. Im Gegenteil. Viele meiner Kolleginnen z.B. bewunderten mich, weil ich in ihren Augen so viel Mut bewiesen und damit einen neuen Weg im Umgang mit dem Klimakterium auch für sie geebnet hatte. Ich selbst empfand und empfinde es nicht als mutig, sondern vielmehr als zwingend notwendig. Nachdem mein Umfeld wusste, dass ich noch immer ich bin, auch weiter verlässlich da bin, aber alle darüber informiert waren, warum ich manchmal einfach „neben der Spur“ laufe oder ihnen erschöpft mit blanken Nerven gegenüberstehe, zickig oder ungerecht bin, fühlte ich mich freier, besser und viel weniger unter Druck.

Ich weiß von Freundinnen, dass eine Vielzahl von Frauen ihres Kollegiums mit den Wechseljahren auch den Job wechselten. Wenn dies geschieht, weil Frau einen Neuaufbruch fühlt und noch mal anders starten will, finde ich das super! Wenn es aber aus Angst geschieht, dem alten Job aufgrund der belastenden Wechseljahressymptome oder deren „Vertuschung“ nicht mehr gewachsen zu sein, ist das eine Katastrophe.

Mein persönliches Fazit zum Tag der Wechseljahre: Wenn dieser Tag dazu führt, auch nur einer Frau das Klimakterium mit seinen Symptomen und Folgen für das persönliche Befinden, das soziale Miteinander, den beruflichen Alltag und innerhalb der Gesellschaft leichter zu machen, dann ist die Existenz dieses besonderen Tages zur Aufklärung rund um die Wechseljahre aus meiner Sicht mehr als gerechtfertigt.

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