Sport in den Wechseljahren? Ich schwitze doch schon genug!

Viele Frauen haben schon lange keinen Sport mehr gemacht, wenn sie in die Wechseljahre kommen. Da waren die Kinder, der Beruf, der Partner, die Eltern – immer gab es viel zu tun, und immer war die Zeit knapp. Über die Jahre stellt sich dann zunehmend Bequemlichkeit ein, und immer häufiger wird der Aufzug benutzt, um ins Büro im zweiten Stock zu kommen, und das Auto, um die Einkäufe im Supermarkt um die Ecke zu erledigen. Irgendwann stellen die Wechseljahre-Geplagten dann fest, dass sie sich nicht mehr so fit fühlen wie früher und immer mehr zunehmen, obwohl sie eigentlich alles so machen wie früher. Und leise, still und heimlich schleicht sich der Gedanke ein, ob es vielleicht doch besser wäre, hin und wieder Sport zu machen. Aber ist das mit 50 überhaupt noch möglich? Und befeuert Sport nicht noch zusätzlich unsere Hitzewallungen, die uns eh schon um den Verstand bringen?

Ich weiß noch genau, wie ich zum ersten Mal mit dem Thema Hitzewallungen konfrontiert wurde. Damals habe ich noch in einem großen Konzern gearbeitet und nahm an einem ganztägigen Workshop mit meinen Kolleg*innen von der Personalabteilung teil. Der Workshop lief nach dem üblichen Schema ab: Nach dem Zahlen-Daten-Fakten-Bla-Bla unserer Vorgesetzten war Gruppenarbeit angesagt – eine beliebte Methode, um das gerade Vorgetragene ins Fußvolk zu tragen. Am Ende der Gruppenarbeit sollten die Ergebnisse dann wie bei jedem Workshop „im Plenum“ vorgestellt werden. (Wie bin ich froh, dass ich inzwischen meine eigene Chefin bin und nicht mehr der unglaublichen Langeweile solcher Tage ausgesetzt bin!)

Und dann passierte es. Eine meiner um-die-50-jährigen Kolleginnen präsentierte routiniert die Ergebnisse ihrer Gruppe. Plötzlich machte sie große Augen, bekam mitten im Vortrag einen knallroten Kopf und begann, unregelmäßig zu atmen. Sie brachte nur noch ein „Ich muss mich setzen, mir geht’s nicht so gut.“ heraus und verließ die Runde, um sich etwas abseits mit ihren Moderationskarten Luft zuzufächeln. Auch wenn damals niemand das Wort „Wechseljahre“ in den Mund nahm, war zumindest uns Frauen klar, um was es ging. Ich war sehr betroffen und dachte – wie wahrscheinlich die meisten meiner Kolleginnen – voller Inbrunst: „Hoffentlich passiert mir so etwas nie!“. Aber leider blieb auch ich von Hitzewallungen nicht verschont und weiß inzwischen selbst nur allzu gut, wie sich diese anfühlen.

 

Was hilft gegen Hitzewallungen?

Woher kommen aber diese unangenehmen Schweißausbrüche, die die Wechseljahre so oft mit sich bringen? In der Perimenopause (also in der Zeit rund um die letzte Periode) produziert unser Körper weniger Östrogen und Progesteron. Es entsteht ein hormonelles Ungleichgewicht, das sich auch auf unser vegetatives Nervensystem auswirkt. Das ist der Teil des Nervensystems, den wir nicht beeinflussen können und der viele wichtige Körperfunktionen wie unsere Verdauung, unseren Herzrhythmus oder die Weite unserer Pupille automatisch reguliert. Darüber hinaus hat das vegetative Nervensystem auch Einfluss darauf, ob wir schwitzen oder nicht.

Deshalb können alle Maßnahmen, die eine beruhigende Wirkung auf unser Hormon- und Nervensystem haben, auch unsere Hitzewallungen positiv beeinflussen. Dazu gehört eine gesunde Ernährung mit viel frischem Gemüse, Obst, Kräutern, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen genauso wie alles, was unser alltägliches Stresslevel reduziert. Glaubt man zahlreichen Wechseljahre-Blogs oder -Ratgebern, trägt auch regelmäßiger Sport dazu bei, dass wir in den Wechseljahren seltener von Hitzewallungen heimgesucht werden. Forscht man dann weiter, findet man allerdings heraus, dass es leider nur wenige Studien zu diesem Thema gibt und die vorhandenen Studien wenig aussagekräftig sind.

 

Sport hat viele positive Effekte

Im Jahr 2022 stellte Vichy die bislang größte deutsche Umfrage zum Thema Wechseljahre vor. Insgesamt 1055 Frauen im Alter zwischen 40 und 69 Jahren wurden zu vielen Themen rund um die Menopause befragt. Dabei gaben 53 % der Befragten an, dass Sport sich positiv auf ihr Wohlbefinden auswirkt. Aber die Frage, ob Sport tatsächlich Hitzewallungen reduzieren kann, ist damit dennoch nicht geklärt. Allerdings sind sich die Wissenschaftler einig, dass Sport sich insgesamt positiv auf unsere Gesundheit auswirkt, dem Alterungsprozess entgegenwirkt und Stress wirksam reduziert.

Jeder, der regelmäßig Sport macht, weiß, dass Sport wie ein Reset wirkt und hilft, den Kopf nach einem stressigen Tag wieder frei zu kriegen. Auf diese Weise kann Sport vielleicht auch dazu beitragen, unsere Hitzewallungen zu reduzieren. Denn weniger Stress bedeutet auch weniger schwitzen. Wenn wir also beispielsweise regelmäßig unsere Laufschuhe schnüren und eine Runde joggen gehen oder uns regelmäßig eine Yoga-Auszeit gönnen, wirken wir beruhigend auf unser vegetatives Nervensystem ein und tragen so auch dazu bei, dass sich unsere körpereigene Wärmeregulation wieder stabilisieren kann.

 

Bewegung muss Spaß machen

Wenn uns allerdings der Gedanke an eine frühmorgendliche Jogging-Einheit bereits den Schweiß auf die Stirn treibt, ist das Ganze eher kontraproduktiv. Deshalb sollten wir uns eine Sportart aussuchen, die uns wirklich Freude macht und bei der die Hoffnung besteht, dass wir sie auch regelmäßig ausüben. Dabei müssen wir nicht einmal richtig Sport machen. Es ist schon ein wunderbarer Anfang, wenn wir uns einfach regelmäßig bewegen. Wenn wir bisher keinen Sport gemacht haben, kann es schon ein großer Fortschritt sein, wenn wir im Büro den Aufzug links liegen lassen und die Treppe nehmen. Auf diese Weise kann über den Tag verteilt auch der eine oder andere Kilometer zusammenkommen.

Eine meiner Kundinnen hatte in den Wechseljahren stark zugenommen und wollte nun neben einer Ernährungsumstellung unbedingt auch wieder mehr Sport treiben, um die Gewichtsreduzierung tatkräftig zu unterstützen. Sie besuchte ein Fitnessstudio nach dem anderen und stellte jedes Mal fest, dass sie sich in keinem einzigen wohl fühlte. Schließlich gab sie den Versuch auf. Stattdessen hat sie ihren Mann dazu überredet, mit ihr einen Tanzkurs zu machen. Jetzt tanzt sie einmal pro Woche Tango, fühlt sich mit diesem Sport einfach wunderbar und genießt darüber hinaus die exklusive Zeit mit ihrem Mann (während ihr pubertierender Sohn zu Hause die Fernbedienung heiß laufen lässt).

 

Noch mehr schwitzen?

Viele Frauen fällt der Einstieg in den Sport jedoch schwer. Zum einen denken sie, dass ihr Körper dazu nicht mehr in der Lage ist. Zum anderen befürchten sie, durch die intensive Bewegung noch mehr zu schwitzen. Und das kann ich gut verstehen. Wenn man schon lange keinen Sport mehr gemacht hat, ist es manchmal schwer vorstellbar, dass der Körper dazu noch fähig ist. Und wenn man im Stundenrhythmus von starken Schweißausbrüchen heimgesucht wird, ist die Vorstellung, diesen Zustand im wahrsten Sinne des Wortes noch selbst zu befeuern, alles andere als verlockend.

Deshalb kann es hilfreich sein, sich zu Beginn auf keinen Fall zu überfordern und es lieber langsam angehen zu lassen. So kann es beispielsweise ein guter Einstieg sein, einfach einen regelmäßigen Spaziergang in den Alltag einzubauen und die Dauer und Intensität langsam zu steigern. Oder mit einer weniger schweißtreibenden Sportart wie Yoga zu beginnen, die jede individuell so ausführen kann wie es der eigene Gesundheitszustand und das persönliche Fitnesslevel zulassen. Wenn man sich dabei wegen seiner körperlichen Konstitution unsicher ist, berät man sich am besten zuvor mit seinem Hausarzt.

 

Die Freude an der Bewegung kommt mit der Bewegung

So wie der Appetit mit dem Essen kommt, kommt auch meist der Spaß an der Bewegung dadurch, dass wir einfach anfangen, uns zu bewegen. Dabei nimmt ein sanfter Einstieg uns die Angst, dass Sport unsere Hitzewallungen noch weiter befeuert. Wenn wir merken, dass wir uns nach den Bewegungseinheiten leichter fühlen, sich unsere Stimmung deutlich verbessert hat, wir uns einfach insgesamt besser fühlen und wir in Summe auch nicht mehr schwitzen (oder vielleicht sogar weniger), können wir langsam unser Sport- und Bewegungsprogramm ausbauen.

Auch die richtige Bekleidung kann helfen, dass wir beim Sport nicht allzu viel schwitzen. So ist es ratsam, sich eher leichter als Normalsterbliche zu kleiden und gegebenenfalls auf den Zwiebellook zurückzugreifen. So kann man im Falle eines Schweißausbruchs beim Joggen seine Jacke ausziehen oder sich beim Yoga einfach seiner warmen Socken entledigen. Außerdem ist es hilfreich, vor dem Sport ausreichend zu trinken und bei jeder sportlichen Aktivität immer eine Flasche Wasser dabei zu haben, um auf die Hitzewallungen entsprechend kühlend einwirken zu können.

 

Zusammen fällt es leichter

Viele Frauen schämen sich, wenn sie mitten im herabschauenden Hund plötzlich anfangen, heftig zu transpirieren, und verzichten deshalb lieber auf Sport. Hier kann es helfen, sich Verbündete zu suchen. Wenn man neben sich eine Freundin weiß, der es vielleicht ganz genauso geht oder die zumindest viel Verständnis für die Schweißausbrüche hat, fällt es einem schon viel leichter, den inneren Schweinehund zu überwinden und es einfach mal auszuprobieren. Oder man sucht sich eine Sportart, bei der es sowieso keiner merkt, ob man schwitzt und ob der Schweiß nun dem Sport oder den Wechseljahren geschuldet ist. Wenn ich im Wald meine Joggingrunde drehe, ist es mir reichlich egal, wenn ich dabei heftigst transpiriere.

Sich mit einer Freundin zusammenzutun, wirkt sich außerdem auch auf einer anderen Ebene positiv auf unser Wohlbefinden und somit auf unsere Wechseljahre aus: Der regelmäßige Kontakt mit einem lieben Menschen im Fitnessstudio, beim Tanzen, auf der Yogamatte oder beim Joggen, beschenkt uns mit einer Ausschüttung des Kuschel- und Bindungshormon Oxytocin, das Stress entgegenwirkt und somit vielleicht auch unsere Hitzewallungen positiv beeinflussen kann. Ich fühle mich nicht nur körperlich besser, wenn ich morgens mit meiner Freundin plappernd eine Runde durch unser Viertel und den naheliegenden Wald jogge. Es ist für mich auch die reinste Seelenhygiene.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass wir auch in den Wechseljahren von Sport profitieren können, wenn wir drei wichtige Punkte beachten:

  1. Es langsam angehen lassen,
  2. eine Sportart suchen, die uns richtig Freude macht und
  3. uns Verbündete suchen, die uns bei diesem Vorhaben unterstützen.

 

Dann profitieren wir reichlich von der zusätzlichen Bewegung in unserem Leben: Wir wirken dem Muskelabbau entgegen, verhindern eine übermäßige Gewichtszunahme, wirken positiv auf unser Herz-Kreislauf-System ein, stärken unsere Knochen, verbessern unsere Gedächtnisleistung und reduzieren nachhaltig unseren Stress. Und vielleicht können wir so auch erreichen, dass wir seltener oder auch weniger unter Hitzewallungen leiden. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert!

 

Eva Ehehalt

Eva ist Ernährungsberaterin, Autorin und Bloggerin. Auf Ihrer Seite findet Ihr viele tolle Tipps und Rezepte:
www.leckervital.com

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