Trennung über 40: auf anderen Wegen

Wir gehen auf anderen Wegen – ein Satz, der schwer fällt. Und den ich doch in letzter Zeit immer wieder höre. In meinem Umfeld trennen sich gerade so viele Paar. Tanzen auf Silberhochzeiten? Das wird wohl eher ausfallen. In meinem Freundeskreis sind die meisten Paare tatsächlich mehr als 15 Jahre zusammen. Die meisten Jahre nicht unbedingt verheiratet. Sie sind alle über 40, die Kinder sind längst eingeschult, die ersten sind schon Teenager, die langsam flügge werden. Der Nachwuchs braucht die Eltern immer weniger und Zeit der Schlaflosigkeit, des Fremdbestimmtseins ist vorbei. Auch ohne Babysitter kann nun Zeit als Paar verbracht werden. Einige genießen diese neue Zweisamkeit, machen gemeinsame Radtouren. Entdecken sich wieder neu.

Weggabelung an der Dne

Andere Paare stellen fest, dass sie sich in den letzten Jahren verloren haben. Manchmal sind es kleine Wege, die unterschiedlich eingeschlagen werden. Eine neue Leidenschaft für Tennis oder für alte Autos. Jeder zieht sein Ding durch – früher führten die Wege wieder zusammen, da war Neugier auf die Interessen des Anderen da, echter Austausch.  Nun ist die Beziehung eine reine Zweckgemeinschaft.

Manchmal sind es auch andere Menschen, die den neuen Weg begleiten. Eine Freundin, die sich nur mal so aus Neugier bei der Dating-App Tinder umgesehen hat und erst durch die da gewonnene Affäre merkte was ihr fehlte.

Mit 40 werden viele Karten neu gemischt
Nach der Familienphase werden für viele mit über 40 die Karten noch einmal neu gemischt. Lebensentwürfe und -wünsche durchdacht. Noch mal eine große berufliche Herausforderung? Noch mal etwas Neues wagen? Nach vielen gemeinsamen Jahren ist es oft sehr schwer sich einzugestehen: Wir schaffen es als Paar nicht mehr. Wir sind nicht mehr Eins – die Gemeinsamkeiten sind zu wenig, die Liebe reicht nicht mehr.

Paare, die sich mit über 40 trennen, machen es sich nicht leicht. Die vielen geteilten Jahre werden selten leichtfertig mit einem „es ist aus“ beendet.  Früher, ja da ging das so. Da wurde mit dem Freund Schluss gemacht. Aus und vorbei, aus dem Auge aus dem Sinn. Doch nach vielen gemeinsam Jahren, Jahrzehnten geht das nicht. Es gibt oft Kinder, gemeinsames Eigentum. Vieles, das zusammen aufgebaut wurde.  Es gilt als Eltern gemeinsam weiter viel für die Kinder da sein. Und auch wenn es kein „Wir“ mehr als Liebespaar gibt, so doch eines als „Eltern“. Nicht einfach.

Denn mit einer Trennung verabschieden wir uns nicht nur von einem Menschen, den wir einst geliebt haben, sondern auch von einem Bild von Familie. Davor haben viele Angst. Sogar so viel Angst, dass sehr viele noch lange als elterliche Zweckgemeinschaft zusammen bleiben. Doch so ein langes liebloses Nebeneinander kann die Seele verletzen – und oft beendet einer der beiden dann dramatisch die Ehe.

Der gemeinsame Weg war ein Geschenk – doch nun warten neue Ufer
Wie gut, wenn der Absprung vorher gelingt. Wenn es gelingt, die gemeinsame Zeit auch als Geschenk zu sehen sich aber gemeinsam zu sagen, dass die neue Pfade gut tun. Denn es gibt noch so viel im Leben zu entdecken. Wer frisch getrennt ist, musste einen Absprung wagen. Und kann auch belohnt werden. Denn wo landet man nach einem Sprung? Im klaren, frischen Wasser – wie der Sprung vom Drei-Meter-Turm. Es kostet Überwindung ihn zu besteigen. Oben kurz vor dem Sprung ist die Angst riesig! Zurückklettern? Das geht auch nicht. Lange stehen bleiben ebenfalls nicht. Also wird zitternd gesprungen. Der Sprung ist wie ein Flug, das Landen im Wasser unerwartet. Manchmal ziemlich hart.  Manchmal ist da ein ziemlicher Widerstand um an die Oberfläche gelangen zu können. Doch wenn die ersten Schwimmzüge gelungen sind, wird es immer besser Und dann geht es zu neuen Ufern. Noch stehen viele meiner Freundinnen am Turm. Oder oben kurz vor dem Absprung. Ich bin gerade gesprungen – noch bin ich nicht sicher, wie gut ich im Wasser lande. Ob dort Rettungsringe sind und wie weit es zum Ufer ist. Aber ich bin zuversichtlich. Andreas Bourani singt: „Wir müssen uns bewegen / Ich bin dafür, du dagegen / Wir gehen auf anderen Wegen … Wir leuchten heller allein,
 vielleicht muss es so sein …“ Es muss so sein.

Ihre Stefanie

2 Kommentare zu: »Trennung über 40: auf anderen Wegen«

  1. Liebe Stefanie,
    ich bin auch gesprungen und tue mich -wie oben beschrieben- sehr schwer damit das Bild der Familie verloren zu haben und für mich wieder klar zu sehen, auch wenn ich im Herzen weiß, dass der eingeschlagene Weg oder besser: der Sprung die richtige Entscheidung war. Danke für deinen Artikel. Ich wünsche mir mehr Berichte und Austausch von uns mit anderen Springerinnen. In meinem Umfeld ist eine Trennung immer noch sehr verpönt. Da bleibt man lieber lieblos zusammen und redet sich ein, dass alles gut ist.
    Viele Grüße
    Emily

  2. Guten Morgen ☺️,
    Ich habe gerade den Artikel gelesen und bin erleichtert. Ich bin gerade auf dem Weg zum 3 Meter Turm, weiß aber nicht ob es richtig ist undich springe… Leider habe ich keinen weiter der mir mit Rat und Tat zur Seite steht!!

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