Wie man Selfies von sich gut findet und einem spontan 10 Dinge einfallen, die toll sind am Alter

Ich habs, glaube ich, schon mal erwähnt: Altern ist eine fiese Erfindung. Mein Vorschlag, in der Mitte des Lebens umzudrehen und wieder jung zu werden, wurde in letzter Instanz leider abgelehnt. Man sagte mir, das will doch niemand, die ganzen Probleme eines jungen Menschen! Im ersten Moment wollte ich unbedingt die Probleme eines jungen Menschen haben. Aber dann hab ich mich entschieden: Alter, ich komme, und ich will dich genießen, alles andere ist inakzeptabel.

Auch eine Möglichkeit, das Smartphone zu nutzen...
Auch eine Möglichkeit, das Smartphone zu nutzen…

Ja, so geht das: Wer sich am Jetzt erfreut, braucht sich später nicht darüber ärgern, dass früher alles besser war. Wer kennt das nicht: Du machst ein Selfie, verwirfst es auf der Stelle, weil so willst du nicht aussehen, machst das nächste, weil du denkst, jetzt guck ich ganz intelligent, zeigst Zähne (wenn sie noch zum Herzeigen sind), reißt die Augen auf und streckst den Hals, damit man das Doppelkinn nicht sieht, dann verwirfst du es aber auch wieder und gibst nach dem 10. Versuch frustriert auf. Fotos, die vor 20 Jahren gemacht wurden, und die du damals schrecklich fandest, gefallen dir auf einmal ganz gut. Hättest du dich damals auch schon gut gefunden, wäre dir viel Ärger mit deinem Aussehen erspart geblieben!

Aber darüber wollte ich eigentlich gar nicht schreiben, denn das ist schon lange kein Thema mehr für mich. Und zwar bis vor 5 Minuten. Man muss auch mal Rückschläge akzeptieren. Viel mehr beschäftigt mich im Moment der Wiedereinstieg ins öffentliche Leben. Harte Arbeit, Kollegen, regelmäßige Arbeitszeiten, hunderttausend Zettel, neue Computerprogramme, ständige Müdigkeit, kein Prosecco am Vormittag, keine kiloweise Bücher mehr auf dem Sofa, neben dem Bett, am Klo, auf der Küchenbank. Nein, ich übertreibe, ich habe keine Küchenbank, aber die Arbeit zuhause ist eine sehr zeitraubende und verantwortungsvolle, die impliziert, dass man viel lesen muss, um nicht nur den Körper zu stählen.

Ich hatte lange Zeit Angst davor, den Absprung zu verpassen und habe mich dann in eine Art Bequemlichkeit eingelullt, die mich zeitweise gelähmt hat. Ich bin nicht weiter gekommen, habe mich im Kreis gedreht, mir selber in den Schwanz gebissen. Und als alle zu Versorgenden weg waren, habe ich festgestellt, dass alles, das ich mir aufgebaut habe, nicht geklappt hat. Nichts davon!

Aber: Die Erfahrungen kann mir keiner nehmen. Egal, was man anfängt, es hinterlässt Spuren, verknüpft tausende Synapsen, und sowieso bekommt man alles irgendwann zurück. Und alle Probleme, die man je gelöst hat, haben einen größer und stärker gemacht. Man ist ein Bär geworden, der ganz gut in der Wildnis zurechtkommt. Und trotzdem passiert es, dass der Bär in eine Falle gerät: in die eigene nämlich.

Ich bin dann einfach weiter gegangen. Also, nachdem ich die Falle abgeschüttelt habe. Und ich hatte Glück. Meine Arbeit wird gewürdigt und das Alter als Vorteil gesehen. Gut, so alt bin ich auch wieder nicht, aber es gibt jede Menge jüngere Menschen um mich herum. Da nützt es nichts, wenn man gut erhalten ist, da siehst du ganz schnell alt aus, wenn die da mit ihrem Whats app daddeln, daneben Youtube-Videos gucken, Musik bei spotify hören, mit der Freundin in Neuseeland skypen und nebenher Interpretationen über den jungen Werther schreiben!

Da bleibt einem nichts anderes übrig, als seine Hautlappen schön zu finden und jahrelange Übung im Organisieren von Kindergeburtstagen als Vorteil anzusehen. Auch wenn das scheinbar unnötige Errungenschaften sind, jede/r Chef/in kann sich die Finger ablecken, wenn er/sie jemanden an der Seite hat, die weiß, wie man 10 Kilo Papierschlangen entsorgt und Schnitzeljagden spannend gestaltet. Das ist kein Witz! Das pralle Leben legt einen vortrefflichen Teppich, damit man auf dem Boden der Tatsachen nicht auf die Schnauze fällt.

Und haben wir Kinder, die wir versorgen müssen, wenn sie krank sind? Können wir noch schwanger werden? Mitnichten! Mir fallen spontan mindestens 10 Vorteile ein, aber die zu finden, überlasse ich euch! Denn so spontan klappt das jetzt irgendwie doch nicht…

Es ist wie immer eine Frage der Entscheidung: Will ich mit mir zufrieden sein oder mit so einem Gesicht herum rennen, das nur noch lächelt, wenn die Wodkaflasche im Regal winkt? Oh, ne, das ist zu krass, sorry, aber Leute, passt auf, das ist schon ganz anderen passiert! Und das ist traurig, weil: Es gibt so viel zu tun für uns!!!

Eure Gudrun

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