„Werden Sie wesentlich!“

Die Wechseljahre als großer innerer Hausputz? Wechselweib Heike zieht schon mal den Blümchenkittel an. Und ist gespannt, wann es losgeht.

Vor ein paar Monaten dachte ich: Jetzt ist es wohl soweit. Meine Menstruation kam plötzlich in einem hektischen 3-Wochen-Rhythmus, dabei mit einer Heftigkeit – die Einzelheiten erspare ich Ihnen. Und dann wurde ich auch noch Zeuge einer Filmszene in einem „Fortysomething-Frau-erfindet-sich-neu-und-entdeckt-die-Liebe“-Streifen zur besten Sendezeit auf RTLSat1Pro7. Da saß eine Lady etwa in meinem Alter in der Praxis ihrer Gynäkologin, und die hielt ihr einen Vortrag über das „prämenopausale Syndrom.“ Sofort parallel gegoogelt, herausgefunden: auch trockene Haut und Gewichtszunahme gehören zu den Symptomen. Hurra, dachte ich: Ich bin völlig unschuldig an meinen drei, vier Kilo zu viel. Nicht die Marzipanschokolade war’s, sondern die böse Menopause.

Bereit für den Hausputz von innen?
Bereit für den Hausputz von innen?

Seitdem hat sich mein Zyklus allerdings wieder auf den gewohnten 25-Tage-Rhythmus eingegroovt, meine Haut schuppt auch nicht mehr, nur meine Kilos sind leider immer noch da, wo sie nicht hingehören. Jedenfalls: Das, was ich da im Winter hatte, war allenfalls ein frühes Aufflackern, aber noch nicht ernsthaft der Wechseljahrs-Beginn. Seltsamerweise war ich nicht erleichtert. Eher ein wenig enttäuscht. Das klingt vielleicht merkwürdig. Keine Frau ist ja wirklich scharf auf den ganzen Katalog von möglichen Gemeinheiten, von Schweißausbruch bis Lust-Verlust. Der vor allem signalisiert: Meine Liebe, jetzt bist du wirklich nicht mehr jung. Aber es gibt in mir auch diese Stimme, die sagt: Bring’s hinter dich – und dann auf ein Neues.

Meine Yogalehrerin hat einmal von den Wechseljahren als einem großen, inneren Reinigungsprozess gesprochen. Das ist vielleicht schulmedizinisch nicht ganz korrekt, aber mir gefällt die Vorstellung: Einmal ausmisten, eine Putzkolonne durch Körper und Seele schicken. Sich selbst ein Signal geben: Es gibt Dinge, die liegen jetzt hinter dir. Die brauchst du nicht mehr. Nicht nur die theoretische Möglichkeit, noch ein weiteres Baby zu bekommen. Auch diese ganze Phase von jugendlichen Liebesdramen und wechselnden Besessenheiten. Das macht dich leichter. Das schafft Raum für Neues im Kopf und im Herzen.

Natürlich weiß und hoffe ich, dass auch jenseits der 45, 50 nicht Schluss ist mit lustig, und auch nicht Schluss mit Lust. Aber ich habe diese Vision von mir selbst, wie ich mich mit mehr Gelassenheit, aber genau so viel Energie neuen Dingen zuwende. Beruflich noch einmal neue Türen aufstoße, wieder mehr Zeit habe, auf mich und mein Innenleben zu achten, weil die Kinder größer werden und nicht mehr alle fünf Minuten eines „Mama!“ kreischt. Dass ich dabei monatlich ein paar Euro und ein paar Minuten Zeit mehr zur Verfügung habe, weil ich keine Tampons mehr kaufen und benutzen muss, ist dafür nur ein Symbol.

„Werden Sie wesentlich!“ – so lautete der Titel eines Buches über Frauen um die 50, das vor ein paar Jahren erschien. Das bedeutet: Konzentration, Gelassenheit, innere Ruhe und die Freiheit, nicht mehr jede Aufregung mitzumachen, die sich immer schneller drehende Welt einfach mal von einer inneren Hängematte aus zu betrachten, ohne dass einem schwindlig wird. Darauf freue ich mich. Nur der Extra-Speck, der muss weg. Schließlich will ich gut aussehen, wenn die Putzkolonne kommt.

Ihre Heike

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