Unsere Gesellschaft hat sich verändert und dass Frauen generell eher später Kinder bekommen, ist keine Seltenheit mehr. Die Ursachen dafür liegen nicht nur im persönlichen oder medizinischen Bereich, sondern sind oft auch der Ausbildungsdauer usw. geschuldet. Doch nicht immer müssen äußere Einflüsse oder Umstände für eine späte Schwangerschaft vorliegen, denn es gibt auch eine Reihe von Frauen, die ihr Leben generell ohne Kinder planen. Manchmal ändert sich diese Vorstellung im Laufe der Zeit aber doch, und insbesondere, wenn die „biologische Uhr“ beginnt lauter zu ticken, kommt plötzlich oder auch schleichend der Wunsch nach einer Mutterschaft auf.
In einer Gesellschaft, in der Frauen zunehmend selbstbestimmt über ihr Leben entscheiden, ist ein später Kinderwunsch – aus welchen Gründen auch immer – grundsätzlich also gar nicht ungewöhnlich, allerdings wird es mit zunehmendem Alter deutlich schwieriger, auf natürliche Weise schwanger zu werden. Warum das so ist, wie Frauen die Chancen auf eine Schwangerschaft jenseits der 40 positiv beeinflussen können und welche medizinische Unterstützung zur Verfügung steht, wenn es auf natürlichem Wege allein nicht klappt, soll hier beleuchtet werden.
Welche Gründe gibt es und warum ist es schwerer, erst später Kinder zu bekommen?
Ebenso wie bei Männern, stehen inzwischen auch bei Frauen Ausbildung, Studium sowie Karriere nach der Schule im Fokus. Im Job angekommen, ist es für die meisten Frauen wichtig, zumindest ein paar Jahre Berufserfahrung zu sammeln sowie finanziell unabhängig zu werden. Gleichzeitig soll eine stabile Partnerschaft als Basis existieren, bevor sie ein Kind bekommen. Bis diese persönlichen Ziele erreicht sind, können schon einige Jahre ins Land gehen. Bei anderen liegen die Gründe für eine späte Schwangerschaft aber z.B. auch in einer bewusst gewählten längeren Phase des Single-Lebens, dem Wunsch nach Selbstverwirklichung, Unabhängigkeit oder die Welt zu bereisen. Auch Paare treffen gemeinsam die Entscheidung, ihr Leben noch länger in Zweisamkeit genießen zu wollen, bevor sie bereit sind, die Rolle als Eltern einzunehmen.
Was es dabei zu bedenken gilt: Die weibliche Fruchtbarkeit ist leider zeitlich begrenzt und die Chancen schwanger zu werden, verringern sich mit fortschreitendem Alter aufgrund unterschiedlicher naturgegebener Umstände deutlich. So werden Frauen bereits mit allen Eizellen geboren, die ihnen im Laufe ihres Lebens zur Verfügung stehen. Und auch, wenn es nicht immer zu einem Eisprung kommt, verringert sich die Anzahl der Eizellen mit jedem Zyklus. Die Geschwindigkeit der Abnahme ist dabei nicht bei allen Frauen identisch. So haben manche Frauen mit Anfang 30 schon eine niedrige Eizellreserve, während andere mit 40 noch über sehr viele Eizellen verfügen (eine Einschätzung der persönlichen Eizellreserve kann übrigens mittels einer Ultraschalluntersuchung oder Hormonanalyse erfolgen).
Hinzu kommt, dass sich neben der Quantität auch die Qualität der Eizellen verändert und der Anteil der Eizellen mit genetischen Veränderungen zunimmt. Wenn eine Eizelle heranreift, die genetische Veränderungen aufweist, wird sie häufig erst gar nicht befruchtet oder kann sich schon in einem sehr frühen Stadium nicht weiterentwickeln, sodass eine Schwangerschaft ausbleibt. Zudem reagiert die Gebärmutter auf hormonelle Veränderungen im Zyklus sehr sensibel und in der Folge kann es passieren, dass sich die Schleimhaut nicht mehr optimal aufbaut und die Einnistung befruchteter Zellen dadurch erschwert wird.
Schon weit vor der Menopause nimmt die Fruchtbarkeit erkennbar ab
Schon ab Anfang 30 nimmt die Fruchtbarkeit leicht ab, aber spätestens mit Beginn der sogenannten Prämenopause (der ersten Phase der Wechseljahre ab Mitte 40, häufig auch früher), die schon Jahre vor der eigentlichen Menopause beginnt, wird Fruchtbarkeit zum Thema. Denn spätestens dann nehmen die Chancen auf eine natürliche Schwangerschaft deutlich und kontinuierlich ab.
Dass Frauen sich in der Prämenopause befinden, bemerken sie zumeist daran, dass ihr Zyklus unregelmäßiger wird. Das liegt darin begründet, dass die Eierstöcke zu diesem Zeitpunkt beginnen, nach und nach immer weniger Hormone zu produzieren und der Hormonspiegel zu schwanken beginnt. Als Folge finden Eisprünge nicht mehr jeden Monat statt oder bleiben immer wieder auch ganz aus. Es lässt sich denken, dass sich aufgrund dieser Veränderungen die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft verringert, aber: Kein Grund zu verzagen. Auch wenn es nicht mehr so leicht wie vielleicht mit Mitte zwanzig ist, schwanger zu werden, gibt es trotz der biologischen Veränderungen Möglichkeiten und Tipps, wie Frauen ihren Körper auf eine späte Schwangerschaft vorbereiten und die eigene Fruchtbarkeit positiv selbst beeinflussen können.
Was können Frauen jenseits der 40 für eine verbesserte Fruchtbarkeit tun?
Zwar gibt es keine „Wundermittel“, die die Chancen auf eine späte Schwangerschaft erhöhen, aber die Berücksichtigung einiger Tipps kann durchaus positiven Einfluss nehmen. Ein dauerhaft gesunder Lebensstil spielt dabei eine zentrale Rolle, aber auch mentale und körperliche Aspekte können sich durchaus positiv auf die Empfängnisbereitschaft auswirken:
Thema Ernährung und Fruchtbarkeit:
Eine ausgewogene, vitalstoffreiche Ernährung ist eine der einfachsten Möglichkeiten, den Körper gesund zu halten und ihn auch in Sachen Fruchtbarkeit bestmöglich zu unterstützen. Nachfolgend eine kleine Übersicht an Nahrungsmitteln, deren Inhaltsstoffe positive Effekte haben:
Besonders hilfreich sind grünes Blattgemüse sowie Nüsse und Vollkornprodukte, weil sie Folsäure, Eisen, Magnesium und B-Vitamine liefern. Auch weitere Mikronährstoffe wie Vitamin D, Zink und Selen (Fisch, Meeresfrüchte, Milchprodukte etc.) sind wichtig, um die Fruchtbarkeit zu erhöhen. Damit die Hormonsynthese und die Eizellreifung unterstützt werden, sollten fettreicher Fisch, Leinöl oder Avocado auf dem Speiseplan stehen, da sie wichtige Lieferanten der dafür nötigen Omega-3-Fettsäuren sind. Mit ihrem hohen Anteil an schützenden Antioxidantien sind auch Beeren, Brokkoli oder Zitrusfrüchte bedeutende Nahrungsmittel, wenn es darum geht, Eizellen vor Zellschäden zu schützen.
Nicht zuletzt lohnt es sich zudem, den Anteil von Kaffee und stark verarbeiteten Lebensmitteln bei der Ernährung zu reduzieren, da sie nicht nur den Stoffwechsel belasten, sondern auch das hormonelle Ungleichgewicht zusätzlich verschlimmern können. Auch sollte auf eine möglichst schadstoffarme Lebensweise geachtet werden, denn: Nikotin z.B. wirkt sich negativ auf die Eierstockfunktion und den Hormonkreislauf aus, als Zellgift kann Alkohol die Fortpflanzungsorgane schädigen und auch Umweltgifte (z. B. Weichmacher in Plastik, Pestizide in Lebensmitteln) wirken sich potenziell negativ auf die Fruchtbarkeit aus.
Thema Bewegung und Fruchtbarkeit:
Bewegung kann entscheidend zur körperlichen und hormonellen Balance beitragen, wenn es darum geht, einen Kinderwunsch in Zeiten des hormonellen Wechsels zu realisieren. Nicht zu anstrengende, regelmäßige Bewegung kann die Durchblutung der Eierstöcke und Gebärmutter verbessern, was die Eizellreifung und den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut begünstigt. Zudem können regelmäßige körperliche, sanfte aber wirkungsvolle Aktivitäten wie z.B. Spazierengehen, Wandern, Schwimmen, Aquafitness, moderates Radfahren oder Ausdauertraining sowie Yoga, Pilates oder Kraftsport nicht nur die Durchblutung der Beckenorgane fördern, sondern auch den Hormonhaushalt regulieren. Übrigens spielt Bewegung auch für die Interaktionen von Hormonen, die für die Fruchtbarkeit wichtig sind, eine oft unterschätzte Rolle.
Hinweis: Bei der Wahl der Sportart sowie der Intensität ist zu beachten, dass ein zu intensives Training oder Leistungssport dazu führen können, dass der Körper in eine Art „Überlebensmodus“ schaltet, was zur Verminderung der Östrogen- und Progesteron-Produktion führen kann und damit extrem kontraproduktiv in Bezug auf die Verbesserung der Fruchtbarkeit ist.
Thema Stress und Fruchtbarkeit:
Es ist bekannt, dass chronischer Stress generell ungesund ist, aber besonders gilt er als negativer Einflussfaktor auf die Fruchtbarkeit. Die körperliche Reaktion auf anhaltende Anspannung ist nämlich eine hormonelle Veränderung, die alles andere als förderlich für eine Schwangerschaft ist. Eine entscheidende Rolle dabei spielt das Stresshormon Cortisol, das nicht nur den Zyklus aus dem Gleichgewicht bringen, sondern auch die Eizellreifung hemmen und den Eisprung unterdrücken kann. Zudem wirkt sich Stress negativ auf die Schlafqualität bzw. den Schlaf- Wach-Rhythmus aus, was sich ebenfalls negativ auf den Hormonhaushalt auswirken kann. Gründe genug also, Entspannungsverfahren wie Meditation, Achtsamkeit, Atemübungen oder auch kreative Hobbys – als Ausgleich und zur Entspannung – in den Alltag einzubauen, um den Stresspegel zu senken.
Ein Stressor ganz anderer Art, über den nur selten offen gesprochen wird, ist der Druck, der sich auf das Liebesleben legen kann, wenn ein Kinderwunsch im Raum steht. Was früher ein spontaner Moment der Nähe, der Lust oder des Genusses war, kann sich plötzlich anfühlen wie ein Projekt mit Zeitplan und nur dem einen Ziel: „Jetzt muss es klappen“. Das stresst Paare ungemein und darum heißt es bei einer solchen Entwicklung, den Fokus bewusst wieder auf Nähe und Zärtlichkeit zu legen, ganz unabhängig vom Zyklus und wieder mehr den Gefühlen zu folgen. Denn paradoxerweise gelingt eine Schwangerschaft manchmal genau dann, wenn der Druck nachlässt.
Beispiele medizinischer Hilfe bei spätem Kinderwunsch
Viele Paare versuchen oft über Monate hinweg Eltern zu werden, befolgen dabei viele natürliche Methoden, die die Chancen auf eine Schwangerschaft erhöhen sollen und wissen oft nicht weiter, wenn es einfach nicht klappen will. Insbesondere, wenn organische Ursachen für das Ausbleiben einer Schwangerschaft bei beiden Partnern ausgeschlossen werden konnten, folgt Verzweiflung und Frustration. An diesem Punkt bietet dann die moderne Reproduktionsmedizin zwar noch eine Reihe unterschiedlicher, unterstützender Maßnahmen, die z.T. aber große finanzielle und körperliche Belastungen bedeuten und eine Schwangerschaft dennoch nicht garantieren können. Umso wichtiger ist es, dass sich Paare umfangreich beraten lassen. Gute Kinderwunsch-Experten erklären hierbei nämlich nicht nur die Chancen, sondern auch die möglichen Risiken und informieren über nötige Untersuchungen oder Eingriffe.
Hormonelle Unterstützung:
Ist der Zyklus Schwankungen unterworfen oder bleibt der Eisprung aus, können hormonelle Präparate bei der Regulation helfen. Auch eine Unterstützung der zweiten Hälfte des Menstruationszyklus, der Lutealphase mit Progesteron kann sinnvoll sein, wenn die Gebärmutterschleimhaut nicht ausreichend aufgebaut ist.
In-vitro-Fertilisation (IVF):
Hierbei handelt es sich um eine künstliche Befruchtung, die bei eingeschränkter Fruchtbarkeit oder altersbedingten Schwierigkeiten helfen kann. Es erfolgt eine hormonelle Stimulation der Eizellen, die entnommen und im Labor mit dem Samen des Partners oder ggf. eines Spenders befruchtet werden. Der entstandene Embryo wird dann in die Gebärmutter eingesetzt.
Social Freezing:
Wenn Frauen schon früh für sich entscheiden, ihre Familienplanung bewusst erst später anzugehen, kann das sogenannte „Social Freezing“ sinnvoll sein. Hierbei werden Eizellen in jungen Jahren entnommen und tiefgefroren, um sie zu einem späteren Zeitpunkt für eine künstliche Befruchtung zu verwenden. Die Erfolgschancen hängen dabei stark vom Alter der Frau zum Zeitpunkt der Entnahme ab – ideal dafür ist ein Alter unter 35 Jahren.
Ergänzend sei auch noch die Eizellspende erwähnt, die allerdings in Deutschland bislang nicht erlaubt,
in vielen anderen europäischen Ländern jedoch schon gängige Praxis ist: Dabei wird auf eine fremde
Eizellspende zurückgegriffen, weil die eigene Eizellreserve der Frau bereits erschöpft und eine
Schwangerschaft mit eigenen Eizellen damit ausgeschlossen ist.