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Durchstarten mit 50 oder wenn die Wechseljahre zur Wende werden

Glückliche Frau: Neustart in den Wechseljahren

Kurz vor meinem 50. Geburtstag ging es mit Schlaflosigkeit los, die ich noch den Mondphasen zuschrieb, aber dann kamen Hitzewallungen, Schweißausbrüche, häufige Stimmungswechsel und noch so einiges mehr. Laut Frauenarzt mitten in den Wechseljahren hatte ich, gelinde gesagt, schnell die Nase voll von allem, was mich da einholte. Ich war abwechselnd sauer, gebeutelt ob all der Symptome und völlig genervt. Am liebsten hätte ich die Zeit zurückgedreht. Letztlich wurde mir aber klar: Es gibt kein Entrinnen.

Nachdem ich mir mit hormonfreien, pflanzlichen Arzneimitteln auf milde Art geholfen hatte, die Symptome recht gut zu lindern, drehte sich mein Gedankenkarussell rund um das Älterwerden, die schwindende Weiblichkeit, die zweite Lebenshälfte, noch nicht erfüllte Wünsche usw.

Und was das so alles Gutes nach sich zog, soll allen Frauen Mut machen und ihnen zeigen, dass wir Frauen in den Wechseljahren keinesfalls am Ende der Fahnenstange angekommen sind!

Gehöre ich als Frau in den Wechseljahren nun zum „alten Eisen“?

Ganz anders als die Generationen der Frauen in meiner Familie bisher, stand ich mit Anfang 50 und in den Wechseljahre mittendrin, im Arbeitsleben. Direkte Vorbilder, wie ich diese Zeit des Wechsels handhaben sollte, gab es im familiären Umfeld also nicht. Nun wäre ich aber nicht ich, wenn ich nicht auch ohne ein Vorbild weiterkäme. Wie sich meine Mutter „in ihr Schicksal“ ergeben hatte, war für mich keine Option. Denn abseits von meinen Wechseljahresbeschwerden fühlte ich mich weder alt, noch maß ich meinen Wert an Fruchtbarkeit oder nicht, sondern – ganz im Gegenteil – war ich aus meiner Sicht eigentlich in der Blüte meiner selbst.

Es gab sicher äußerlich keinen Anlass, das zu glauben, aber in mir war es Fakt und das veränderte Frauenbild 50+ als „Best Ager“ machte mir Mut. Ich fühlte, dass ein neuer Lebensabschnitt beginnt und das gab mir ein Gefühl von Aufbruch, ohne zu wissen wohin. Analytisch veranlagt, bedeutete das für mich, genau darüber nachzudenken und zu hinterfragen, wo dieses Gefühl herkam, warum es gerade jetzt auftauchte und was ich damit anfangen konnte.

Lebensabschnitt Wechseljahre als Chance entdecken

Recht schnell wurde mir klar, wo dieses Gefühl herkam: Mit den Wechseljahren hatten sich auch andere bedeutende Veränderungen in meinem Leben ereignet, wie beispielsweise der Auszug meiner Kinder. Damit gab es auch mein bis dahin viel Zeit in Anspruch genommenes tägliches Mutterdasein so nicht mehr und auch die Anforderungen im Haushalt – mein Mann war beruflich häufig im Ausland unterwegs – hielten sich in Grenzen. Hinzu kam, dass einige langjährige Kolleginnen in andere Jobs gewechselt waren und ich mich an meiner – zwar gut dotierten – Position einfach irgendwie nicht mehr wohlfühlte.

Alles Gründe, die mich veranlassten, eine Art Bestandsaufnahme meines bisherigen Lebens mit all seinen Facetten zu machen: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft…? Nicht, dass ich mich bewusst unglücklich oder extrem unzufrieden – bis auf den Job – in dieser Zeit fühlte, aber irgendetwas arbeitete ja ohnehin schon in mir. Warum also diesem Gefühl nicht auch den nötigen Raum und Neuem eine Chance geben?

Wechseljahre können zum Richtungswechsel werden

Meine neue Freiheiten im privaten Bereich ließen mir Zeit, die Gründe für meine aktuelle Unzufriedenheit im Job genau zu suchen, über meinen bisherigen beruflichen Weg nachzudenken und mir selbst Fragen zu stellen wie: Möchte ich in diesem Job wirklich noch 10 oder mehr Jahre bleiben oder wäre die verbleibende Zeit eigentlich nur noch ein „Aussitzen“ – vielleicht aus Angst vor Neuem? Nein, Angst hatte ich nicht, aber mein bisheriges Leben mit anderen Verpflichtungen hatte schlicht die Unzufriedenheit und das Gefühl im Job stillzustehen überdeckt. Mein Wunsch, mich beruflich zu verändern manifestierte sich derart, dass ich es anging und mir darüber Gedanken machte, wie und was ich in Zukunft arbeiten wollte.

Dabei stellte ich fest, dass bei meinen Überlegungen nie der Verdienst (wie früher – natürlich auch notwendiger Weise), sondern Sinn und Freude an erster Stelle standen und, dass es unbedingt etwas ganz anderes sein sollte, als mein bisheriger Schreibtischjob.

Ich erinnerte mich an meine Zeit während des Studiums, in der ich mir auf einem Reiterhof als Pferdepflegerin so einiges dazu verdient hatte und gleichzeitig meinem damaligen Hobby, dem Reiten, nachgehen konnte. Eine tolle Zeit war das – zumindest in meiner Erinnerung. Aber war ich aktuell sowohl körperlich, als auch vom Ausbildungsstand her überhaupt in der Lage dazu? Und ließ sich damit zumindest auch etwas Geld verdienen? Ich recherchierte ein wenig und kam dann schnell zu dem Schluss: einfach mal umhören und machen.

Die Bekannte einer Freundin, als Tierärztin tätig, gab einen Tipp und nach dem Besuch des genannten Reiterhofs in der Nähe, der Unterstützung suchte, verabredete ich erst einmal ein Praktikum. Natürlich sah mich das Ehepaar, das den Hof betrieb, etwas merkwürdig an, weil ich so ziemlich überhaupt nicht ihrer Vorstellung einer typischen Praktikantin entsprach, aber nachdem ich ein wenig Hintergründe geschildert hatte, meinten sie: warum nicht? Für die 2 Wochen des Praktikums nahm ich Urlaub.

Und was soll ich sagen: Danach ging alles ganz schnell. Ich wusste: Das will ich machen. Ich liebe Pferde, es ist etwas ganz anderes als bisher und was ich tat, schien mir Sinn zu machen. Und auch die Hofbetreiber wussten was wie wollten: Mich. Ein tolles Gefühl war das. Mein Alter war für sie eher positiv, weil mir einiges an Verantwortung übertragen würde und sowohl Lebenserfahrung, als auch Ernsthaftigkeit meines Wunsches, sie überzeugten. Job kündigen, einen Arbeitsvertrag (mit deutlich weniger Einkommen und schlechteren Arbeitszeiten als
bisher) unterschreiben und anfangen war alles eins. Volles Risiko, weil es sich richtig anfühlte. Und es hat sich gelohnt.

Mit 50+ lass es Dir egal sein, was andere denken

Die meisten Menschen in meinem Umfeld konnten diesen Neustart (den sie als Rückschritt ansahen) überhaupt nicht nachvollziehen und waren sich darüber einig, dass ich schnell die Nase voll haben würde. Einzig meine beste Freundin freute sich für mich und fühlte wohl, dass es genau das ist, was mich glücklich machen könnte. Mir waren die Meinungen der anderen egal – nur, dass mein Mann sich in die Gegner meines neuen Weges einreihte, machte mich traurig. Er konnte überhaupt nicht verstehen, wie ich die finanziellen Vorteile meines bisherigen Jobs einfach so aufgeben konnte, um „Stallmädchen“ wie er es nannte, zu werden. „Und das in deinem Alter, du machst dich ja lächerlich – und mich gleich mit“, kam es eines Tages während einer seiner Stippvisiten zwischen zwei Geschäftsreisen, als ich ihn vor dem Haus in Stallklamotten zur Begrüßung küssen wollte.

Das tat weh, auch wenn ich sicher war, dass er es nicht böse gemeint hatte. Letztlich war es irgendwie auch nur Ausdruck dessen, wie wir uns über die Jahre voneinander entfernt hatten, was insbesondere seitdem wir nicht mehr in der Rolle der Eltern, sondern hauptsächlich als Paar zusammenlebten, immer deutlicher geworden war. Die Leidenschaft war verschwunden, wir nahmen uns nicht mehr wahr und das eigene Wohl war wichtiger als das des anderen geworden.

Mir wurde klar: Auch hier wurde es Zeit für Veränderung.

Wir trennten uns als Freunde, ohne Groll und Vorwürfe und unsere Kinder waren wenig überrascht. Scheinbar hatten sie die Dinge lange viel klarer gesehen als wir. Finanziell bedeutete das für mich zwar, dass ich ein wenig kürzertreten musste, aber das war machbar und ok für mich. Unser Haus wurde verkauft, ich legte ein Teil des Geldes an, von einem Teil kaufte ich eine kleine Eigentumswohnung und meine Lebensversicherung konnte ich weiter bedienen. Natürlich gab es traurige Momente darüber, dass wir nun nicht mehr gemeinsam alt werden würden, aber gleichzeitig fühlte ich eine Art von Freiheit, wie ich sie viele Jahre nicht gespürt hatte.

Voller Selbstvertrauen durch den Wechsel

Plötzlich nur noch für mich verantwortlich zu sein, ohne Kompromisse oder Absprachen, private Entscheidungen zu treffen, war ein wunderbares Gefühl. Mein Job brachte mir nicht nur Erfüllung, sondern so viel Spaß, dass ich oft auch abends noch mit den Hofbetreibern (die ja quasi in meinem Alter waren) zusammensaß und sich inzwischen eine gute Freundschaft aus diesem anfänglich reinen Arbeitsverhältnis entwickelt hat. Es ging mir rundum gut und ich hatte überhaupt kein Interesse daran, mich noch einmal zu binden.

Aber wie das Leben so ist: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Und als ich es weder wollte, noch damit rechnete begegnete mir in Form eines neuen Hufschmieds für die Pferde meine neue, zugleich größte, Liebe meines Lebens, mit der es vom ersten Tag an anders war, als in allen Beziehungen davor. Und ich glaube heute, das liegt daran, dass sich die Liebe mit 50+ irgendwie anders anfühlt, weil sie erwachsen, reifer, selbstbewusster, gleichzeitig ohne Anforderungen, ohne Erwartungen und ohne Verpflichtungen ist – völlig freiwillig. Man kann ohne den anderen, aber mit ihm ist es einfach schöner und man kann den anderen so lassen, wie er ist.

Alles in allem waren die Wechseljahre und das, was sie bei mir an Veränderungen mit sich brachten, eine zwar anstrengende, aber unbedingt bereichernde Erfahrung, für die ich nicht nur dankbar bin, sondern die mich dazu bewegt hat, meine Geschichte mit anderen Frauen zu teilen, um sie wissen zu lassen: Wer den Wunsch verspürt, in der zweiten Lebenshälfte noch einmal einen Neustart zu wagen, für den hält das Leben ab 50 auf der Basis eines reichen Erfahrungsschatzes, viele Chancen auf Neues bereit! Nur Mut!

Wechselweiber-Team
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