Um meine ganz persönliche Antwort schon vorwegzunehmen: Ja, auf jeden Fall ist Dating den Wechseljahren eine gute Idee, wenn Frau es richtig angeht! Aber von vorn: Mit knapp 50 war ich – zwar mit Ex-Partner und Kindern – wieder Single. Na und? Damit gehörte ich schließlich einer großen Gruppe von Menschen in ähnlicher Lage an und sah den zukünftigen Veränderungen durchweg positiv entgegen. Nun ja.
Die erste Veränderung allerdings kam in Form der Wechseljahre. Schlafstörungen, Hitzewallungen, innere Unruhe und noch einige Symptome mehr gehörten plötzlich zu meinem Alltag. Nach einem knappen Jahr aber hatte ich die meisten meiner Symptome der Hormonumstellung mit Hilfe meiner Ärztin und hormonfreien, pflanzlichen Präparaten um einiges gelindert. In meinem Job war ich wieder voll da, fühlte mich wohl, entdeckte neue Interessen, hatte Zeit für neue Hobbies und erweiterte meinen Bekanntenkreis.
Kurzum: Ich genoss meine neue Freiheit und Unabhängigkeit in vollen Zügen, wünschte mir aber dennoch bald wieder eine Partnerschaft. Eine andere. Eine, in der ich frei und dennoch als Paar leben konnte und die wieder tief empfundene Liebe in mein Leben bringen sollte.
Was mich allerdings hemmte: Meine zwar gelinderten, aber dennoch vorhandenen Wechseljahresbeschwerden. Wie sollte es bitte werden, wenn ich bei einem Date schweißgebadet am Tisch saß, hochrot anlief, wenn ich vor Müdigkeit kaum mehr ein Gespräch führen wollte? Oder noch schlimmer der Gedanke, wie ein Näherkommen aussehen soll, wenn die Wechseljahre Lust, Empfinden oder anderes torpedierten? Diese Gedanken lähmten mich. Die Vorstellung von peinlichen Momenten in meinem Kopf nahm kein Ende. Aber sollte ich noch schlimmstenfalls 10 Jahre warten und allein bleiben, bis alles vorbei war? Nein, das konnte und wollte ich nicht.
Online-Dating mit Ü50 entspannt angehen lassen
Um in den ersten Stufen des Kennenlernens alle möglichen Störfeuer aufgrund meiner Wechseljahressymptome auszuschließen, erschien mir Online-Dating erfolgversprechend. Aus meiner
Sicht gleichzeitig der effektivste Weg, zielgerichtet zu suchen und schnell die „Spreu vom Weizen“ zu trennen. Online zu daten kann grundsätzlich schon abenteuerlich sein, mitten im Wechsel einen neuen Partner (oder wie eine Freundin von mir eine Partnerin) im Internet zu finden, bedeutet aber noch eine Schippe drauf.
Ich suchte mir verschiedene Partner-Börsen (sowohl kostenlose als auch kostenpflichtige) aus, die speziell auf die Zielgruppe 50+ ausgerichtet sind und legte mit viel Spaß beim Anlegen meines Profils los. Dabei stellte ich fest: Jenseits der 50 Jahre zu sein, hat durchaus Vorteile.
Denn ich wusste nicht nur sehr genau, wer ich bin, was ich wollte und was eben nicht
Sondern ich fühlte mich – bis auf die Wechseljahre – wohl mit mir sowie meinem Körper und hatte keinerlei Druck, noch eine Familie gründen zu wollen. Es ging wirklich nur um mich und darum, mir meine Bedürfnisse an Romantik, Freizeitgestaltung, Sexualität usw. in einer neuen Partnerschaft möglichst zu erfüllen. Lange überlegte ich, ob ich die Problematik „Wechseljahre“ in meinem Profil zumindest andeuten sollte, entschloss mich aber dagegen, denn Partner, die für mich in Frage kämen, sollten damit umgehen können.
Und wer eine Frau zwischen 50 und 60 datet sollte zumindest eine Ahnung davon haben, dass sich diese in den Wechseljahren befinden könnte. Im Übrigen setzte ich auf schonungslose Ehrlichkeit (was nebenbei bemerkt, bei vielen Profilinhaber/Innen, die ich im Verlauf meiner Dating-Erfahrung kennenlernen sollte, leider so gar nicht der Fall war). Meine Fotos waren aktuell und zeigten – frei nach dem Motto „what you see is what you get“ – sowohl Falten, Polster und mich im Realzustand. Auch meine Beschreibung von mir und meinen Wünschen formulierte ich – meiner Auffassung nach – klar und verständlich.
In jedem Alter ein Erlebnis: Kennenlernen übers Internet
Bisher keinerlei Erfahrung im Online-Dating, ging ich selbstverständlich davon aus, mit einem so klar formulierten und angelegten Profil absolut keinen Raum für Missverständnisse gelassen zu haben. Damit lag ich gründlich falsch. Schon kurz nachdem mein Profil online war, erhielt ich eine ganze Reihe von Zuschriften. Ich war begeistert. Zumindest anfangs, bis ich mich durch die Nachrichten gelesen hatte.
Manche waren so weit weg von dem, was ich suchte, dass ich mich fragte, ob da überhaupt jemand auch nur ansatzweise irgendetwas vom Inhalt meines Profils gelesen hatte. Ich wollte der Sache dennoch eine Chance geben und recht fix lernte ich, welche Kandidaten in Frage kämen und welche wahllos alles anschrieben – Hauptsache die Quote stimmt.
Bei Chats oder Videogesprächen mit verschiedenen möglichen Kandidaten war so ziemlich alles dabei: Es wurde mit dem Alter geschummelt, mit Statussymbolen geprotzt, als erstes nach sexuellen Vorlieben gefragt, statt allein lebten einige Herren noch bei Mama, andere waren in festen Beziehungen und suchten eigentlich eine Affaire, der vermeintliche Facharzt entpuppte sich als weit davon entfernt und ein Kandidat stellte mir sogar als erstes die extrem übergriffige Frage nach meiner Körbchengröße, denn unter „Doppel D“ – so seine klare Ansage – wäre ein weiteres Kennenlernen reine Zeitverschwendung. Gottseidank gab es auch andere Kommunikation, die angenehm, auf Augenhöhe und – soweit ich das beurteilen konnte – authentisch war.
Also traf ich mich mit einigen Männern. Auch dabei gab es gute, weniger gute und unterirdische Begegnungen
So freute sich einer der Herren auf ein fesselndes Date mit mir. Was er damit meinte wurde mir allerdings erst klar, als wir im Café saßen und er mir leise über den Tisch zuraunte, dass er mir gar nicht richtig zuhören könne, weil er mich die ganze Zeit mit Lederriemen an den Stuhl gefesselt vor sich sähe. Nichts gegen Fetische, aber so eine Aussage beim ersten Date – das ging für mich gar nicht.
Und der sportliche Mittfünfziger, der sich als – zwar freundlicher und direkt um Verzeihung ob seiner „kleinen“ Flunkerei bittender – 71-jähriger, etwas korpulenter Rentner entpuppte, entsprach nun auch nicht wirklich dem Partner, den ich für meine vielseitigen Aktivitäten in meinem Profil beschrieben hatte.
Nun gut, dachte ich, wo gehobelt wird, fallen Späne. Und auch, wenn ich inzwischen recht ernüchtert war, wollte ich den Glauben nicht aufgeben, dass da irgendwo ein Mann war, der ebenso ernsthaft und ehrlich nach der richtigen Partnerin suchte, wie ich nach ihm. Also beschloss ich, noch die drei Herren zu treffen, mit denen ich bereits verabredet war.
Keine Angst vor Online-Dating in den Wechseljahren
Und was soll ich sagen: Alle drei waren tolle Männer, die ihr Profil ebenso ehrlich erstellt hatten wie ich, mit denen ich sehr gute Gespräche führen konnte, die tatsächlich auch meine Interessen und meinen Humor teilten, die ähnliche Werte vertraten wie ich und die auch von sich zu erzählen hatten. Kurzum: Sie alle waren nicht nur interessiert an mir als Frau, sondern vor allem als Mensch und das Zusammentreffen war wirklich entspannt und kurzweilig.
Nun springt dennoch nicht bei jedem der Funke über, wie wir wissen, aber bei einem von ihnen, Leo, schien alles zu passen. Bei unseren weiteren Treffen unternahmen wir unterschiedlichste Dinge und lernten uns dabei in vielen Situationen gegenseitig kennen und einschätzen. Nachdem für mich feststand, dass ich Leo auf jeden Fall weiter kennenlernen wollte und mir auch eine Partnerschaft mit ihm vorstellen konnte, stellten sich wieder meine Gedanken rund um meine Beschwerden der Wechseljahre ein.
Zwar hatte ich hin und wieder bei unseren gemeinsamen Unternehmungen Hitzewallungen, da wir aber mitten in einem heißen Sommer steckten, fiel Leo das nicht weiter auf. Später ließ er mich übrigens wissen, dass er sehr wohl etwas bemerkte, dies aber überging, um mir eine möglicherweise unangenehme Situation zu ersparen.
Als bei einem gemeinsamen Abendessen irgendwie klar war, dass wir unsere erste Nacht zusammen verbringen würden, schnitt ich das für mich „heikle“ Thema an.
Dass die Wechseljahre noch immer ein Tabu-Thema unserer Gesellschaft sind, machte es nicht leichter, aber Offenheit war mir nicht nur in diesem Punkt einfach wichtig
„Ich freue mich darauf, morgen in deinen Armen aufzuwachen“, begann ich „aber es könnte sein, dass ich heute Nacht schweißgebadet neben dir liegen werde.“ „Das will ich doch hoffen“, erwiderte Leo und lachte. „Ja, nee, ähm…“ Ich wurde rot. Wie konnte ich denn bitte verlegen wir ein Schulmädchen rumstottern? Er nahm meine Hand und meinte: „Ich glaube ich weiß was Du sagen willst und ich weiß auch, dass du zwar keine 15, aber vermutlich trotzdem im hormonellen Chaos bist.
Was das genau für dich oder uns bedeutet, überblicke ich zwar noch nicht, aber für unlösbar halte ich es auch nicht.“ Männer eben – pragmatisch und frei nach dem Motto „das schaff ich schon“. Die Peinlichkeit des Moments, die ich befürchtet hatte, blieb damit weitestgehend aus. Unsere erste Nacht war zwar etwas „hakelig“, hatte so einige lustige Momente und war gerade deswegen unvergesslich schön.
Humor und Offenheit haben uns über ein paar anfängliche Stolpersteine getragen, die inzwischen der Vergangenheit angehören. Schritt für Schritt sind wir unseren gemeinsamen Weg auf allen Ebenen gegangen, sind heute glücklich und haben ein für beide Seiten erfülltes Sexualleben – trotzt meiner noch anhaltenden Wechseljahre. Es ist anders als in der Jugend, aber auf vielen Ebenen intensiver.
Meine Tipps für Online-Dating in der Menopause
Um die Chancen zu erhöhen, als selbstbewusste Frau in den 50ern den/die richtige/n Partner/In beim Online-Dating in den Wechseljhahzu finden, hier meine wichtigsten Tipps:
- Auswahl der Online-Dating-Plattformen genau prüfen, Bewertungen checken und passende auswählen
- Oberstes Gebot: Ehrlichkeit des Profils. Wer 10 Jahre alte, retuschierte Fotos einstellt, nur das schreibt, was das Gegenüber gern lesen möchte, aber nicht den eigenen Wünschen entspricht, kann eher nicht darauf hoffen, passende Partner/Innen zu finden
- Schon in Chats oder Online Kontakten versuchen, Fakes und unehrliche Profile auszusieben
- Keine Zeit verschenken mit Zuschriften / Gesprächspartnern/Innen, die offensichtlich nicht passen, konturlos bleiben oder ein „ungutes“ Gefühl hinterlässt
- Nur Personen persönliche Daten wie Wohnort, Telefonnummer etc. mitteilen bzw. real treffen, wenn man weitestgehend sicher ist, dass sie als Partner/Innen in Frage kommen könnten
- Sich Zeit fürs Kennenlernen und verschiedene gemeinsame Unternehmungen nehmen.
- Auch bei heiklen Themen / Ansagen ehrlich sein und bleiben.
An alle Single Frauen jenseits der 50: Traut euch, geht online oder raus und sucht euch den/die Partner/In, den/die ihr euch wünscht. Lasst euch weder vom Alter, noch von den Wechseljahren davon abhalten, das Leben in Zweisamkeit und mit allen Sinnen zu genießen.