Weihnachtszeit – jetzt ganz anders

Die ersten Schneeflocken! Vor ein paar Jahren hätte das in der hektischen Adventszeit Begeisterungsstürme ausgelöst. „Mama, ich will einen Schneemann bauen“, „Wo ist unser Schlitten?“ – die Kinder wären mit roten Backen und ein wenig Enttäuschung nach einer kleinen Tour ins Freie wieder ins Haus gekommen. Und hätten dann gemütlich mit mir Mandarinen und Plätzchen gegessen …

Komisch, ich weiß noch ganz genau, dass ich die Vorweihnachtszeit mit den damals kleinen Kindern oft unendlich hektisch fand. Erst musste der Adventskalender befüllt werden, dann war der Adventskranz dran. Es galt zu Backen, das Hexenhäuschen zu verzieren, und vor allem ziemlich viel Weihnachtsfeiern mit Vorführungen zu überstehen. Geschenke kaufen, Baum besorgen, ins Weihnachtsmärchen mit den Kindern. So ein Stress. Dabei wollte ich es doch nur schön haben.

Früher war der Advent laut und hektisch – in diesem Jahr ist alles anders

Heute ist ruhig. Zu ruhig. Denn die Kinder sind so groß, die interessiert der Weihnachtskram nicht mehr. Der Mann, der einst über meine Deko schimpfte, ist mittlerweile ausgezogen und hat prompt sogar einen Anteil am Adventsschmuck gefordert. Die meisten Dinge hatte ich in den letzten 25 Jahren besorgt, aber tief am Boden fand ich noch eine goldene Keksdose und einige Engelchen, die einst die Schwiegermutter schenkte. Die bekam der Ex zurück – zusammen mit den silbernen Christbaumkugeln, die er mit in die Ehe gebracht hatte.

In diesem Jahr verbringe ich die Adventszeit zum ersten Mal fast allein. Meine Freunde Julia ist seit fünf Jahren wieder Single und Expertin im Solo-Weihnachtsfeiern. „Mach nichts mehr so wie früher“, das ist ihr Rat. Seit auch ihr jüngster Sohn ausgezogen ist, verreist sie jedes Jahr über die Feiertage. Gern mit Freunden. „Mein erstes Weihnachten ohne Familie war schlimm. Ich habe wie immer den Baum geschmückt, gekocht. Und dann saß ich da als heulendes Häufchen Elend.“

 

Ich versuche diesen Rat zu befolgen. Einen Adventskranz habe ich. Kalender musste ich auch befüllen, darüber freut sich auch flügge werdender Nachwuchs. Plätzchen habe ich nicht gebacken. Aber mir zum ersten Advent Bratäpfel gemacht. Die mochte die Familie nicht. Aber ich! Und den heimeligen Geruch von Vanille und Zimt hatte ich noch ein paar Tage lang in der Nase.

Kerzen habe ich auch einige aufgestellt und das war es dann wohl so ziemlich. Tatsächlich habe ich zwar einige berufliche Termine in den nächsten Wochen, aber das Fest selbst fällt kaum auf. Ich merke allerdings schon, dass ich in eine leichte Nostalgie-Falle tappe. Ja, einiges war früher wirklich schön, aber ich will das nicht verklären. Einiges war auch einfach sehr anstrengend. Vor allem habe ich mich, gerade als die Kinder noch sehr klein waren, ziemlich oft fremdbestimmt gefühlt. Da waren meine Tochter und mein Sohn, die etwas von mir wollten. Mein Mann. Meine Mutter, meine Schwiegermutter. Und mein Chef. Allen wollte ich es recht machen und natürlich ein schönes Fest zaubern und für die Kinder tolle Erinnerungen schaffen.

Mandarinen, Mandelkerne und die neue Freiheit genießen

Jetzt sitze ich hier am Abend bei Kerzenlicht, schmause Mandarine und Mandelkern und freue mich. Denn auch wenn da ein Vermissen ist – da ist auch ein riesiges Freiheitsgefühl! Ganz allein kann ich bestimmen, was ich mache. Keiner erwartet mehr so viel von mir. Vor allem ich selbst! Denn ich muss nur einem Menschen gerecht werden – mir selbst. Und das musste ich erst in einem langen Prozess lernen. Meiner Freundin danke ich für ihren Tipp.

In diesem Jahr fange ich an, meine ganz eigenen Adventsrituale zu erfinden. Am ersten Advent gab es die Bratäpfel, am zweiten Advent habe ich einen langen Spaziergang gemacht und war danach in der Sauna. Am dritten Advent freue ich mich auf einen Weihnachtsmarktbesuch mit meiner Tochter. Und am vierten? Ach ja, da ist ja dieses Jahr der Heilige Abend, oder? Nun, den werde ich wahrscheinlich kurz mit meinen Kindern und dem Ex verbringen. Der hat uns alle eingeladen und die Kinder haben bei ihm zuerst zugesagt. Wenn es mir zu anstrengend wird, dann kann ich gehen. Für den ersten Feiertag habe ich schon einen Plan – der Tag wird mir gehören. Ich werde mich mit einem schönen Buch und einem guten Wein einkuscheln und feiern. Mich und meine Freiheit. Am zweiten Feiertag wollen meine Tochter und mein Sohn mich bekochen – auch eine Premiere.

Es wird tatsächlich alles ein wenig anders werden in diesem Jahr. Ich fürchte mich nicht davor einsam zu sein, sondern freue mich auf das Neue und auf die neue Ruhe. Das nächste Abenteuer kommt bestimmt und vielleicht stelle ich mich jetzt auch einfach auf den Balkon und spüre die Schneeflocken im Gesicht. Und danach habe ich dann rote Backen und trinke allein einen schönen Tee.

Kommt gut durch die Feiertage – ob allein oder mit euren Liebsten! Neue Rituale tun immer gut
Eure Stefanie

1 Kommentar zu: »Weihnachtszeit – jetzt ganz anders«

  1. Herrje, so schlimm ist diese Geschichte doch gar nicht. Meine ist viel schlimmer. Aber statt zu jammern mach ich es wie die Glühbirne. Ich trag es mit Fassung.
    Ich hatte ein paar Jahre ganz ohne Weihnachtsbaum, ohne irgendwelche Freuden, weil ich kein Geld hatte und auch ohne Kinder. Mittlerweile habe ich einen neuen Partner, den es mir just vor 2 Jahren in der Weihnachtszeit ins Wohnzimmer geweht hatte.
    Meine Kinder schicken mir nicht mal eine Weihnachtskarte. Aber das Leben geht deswegen weiter. Und ich feiere Weihnachten, so wie es uns passt. Ich hatte ein paar Nachbarn zum Adventskaffee eingeladen und die 3 – jährigen Nachbarszwillinge zum Plätzchen backen. Auch ich habe mein Weihnachtsfest neu erfunden. Es ist anders, aber doch sehr schön. Vor allem endlich auch sehr gemütlich. Weihnachten ist das, was wir selbst draus machen . Und da ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man am Hl Abend ganz allein in der Bude sitzt, haben wir die Noch – Ehefrau meines Partners eingeladen. Diese Ehe besteht schon seit Jahren nur noch auf dem Papier. Eigentlich schon immer, aber das ist eine eigene Geschichte.

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